„Einer wollte mich umbringen“

von Redaktion

Becker schildert Knast-Horror und beteuert, er habe eine harte Lektion gelernt

VON JOHANNES OHR

München – Boris Becker ist nach eigenen Worten in seiner Haft in Großbritannien mit dem Tod bedroht worden. Es habe im Oktober eine Situation gegeben „mit einem Häftling, der wollte mich umbringen“, sagte die vergangene Woche aus dem Gefängnis entlassene Tennis-Legende am Dienstagabend in einem bei Sat.1 ausgestrahlten Interview.

Der wegen Mordes seit 16 Jahren einsitzende Häftling habe ihm an die Wäsche gewollt und auch „verbal alles erklärt, was er mit mir wachen wird“. Der Mitgefangene habe aber unterschätzt, dass Becker durch seine Position im Gefängnis die Solidarität der anderen Gefangenen gehabt habe, sagte Becker. Zehn andere Häftlinge hätten dem Mitgefangenen gesagt, dass er jetzt gehen müsse, oder sonst Schläge bekomme. Unter Tränen schilderte Becker, wie es tags drauf zur Versöhnung gekommen sei. Der Mann habe sich vor ihm auf den Boden geworfen und seine Hand geküsst. Er habe den Mann dann hochgenommen, ihn umarmt und ihm gesagt, dass er großen Respekt vor ihm habe. Wie Becker sagte, hatte er sich im Huntercombe-Gefängnis nahe London mit mehreren Mitgefangenen angefreundet.

Becker war am Donnerstag nach etwas weniger als acht Monaten Haft aus dem Gefängnis entlassen und nach Deutschland abgeschoben worden. Verurteilt worden war er zu zweieinhalb Jahren, weil er Teile seines Vermögens in seinem Insolvenzverfahren nicht ordnungsgemäß angegeben hatte. Aus seiner schwierigen Zeit im Knast habe Becker auch positive Energie gezogen. „Ich glaube, ich habe den Menschen in mir wiederentdeckt, der ich einmal war“, sagte der 55-Jährige. Er habe in der Haft „eine harte Lektion gelernt. Eine sehr teure. Eine sehr schmerzhafte, aber das Ganze hat mich etwas Wichtiges und Gutes gelehrt. Und manche Dinge passieren aus gutem Grund.“

Auch weil die Zeit ihn geerdet habe. „Im Gefängnis bist du niemand“, sagte Becker rückblickend weiter. „Du bist nur eine Nummer. Meine war A2923EV. Ich wurde nicht Boris genannt. Ich war eine Nummer. Und es interessiert sie einen Scheißdreck, wer du bist.“

In den letzten Stunden vor seiner Abschiebung nach Deutschland war für Becker erneut Geduld gefragt. „Ich saß ab sechs Uhr in der Früh auf meiner Bettkante und hoffte, dass die Zellentür aufgeht“, erzählte der sechsmalige Grand-Slam-Sieger.

Nach seiner Entlassung sei er in Stuttgart gelandet und habe bei einem befreundeten Ehepaar Heidelberg gewohnt. Schon seit mehreren Monaten habe er seine Abschiebung geplant. „Ein Freund von mir hat mir das angeboten, dass er eine Privatmaschine für mich organisiert“, sagte Becker. Das erste Essen in Freiheit sei Sushi, Sashimi und Miso-Suppe gewesen. Auch sein erstes Bier in Freiheit werde er nie vergessen: „So gut hat mir noch nie ein Bier geschmeckt.“

Im Interview von Sat.1 räumte Becker erstmals öffentlich seine Schuld in seinem Insolvenzverfahren ein. „Natürlich war ich schuldig“, sagte der sechsmalige Grand-Slam-Gewinner. In dem Prozess hatte er noch plädiert, nicht schuldig zu sein.

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