Sechs Paraden, das war die Bilanz des gefeierten Alexander Nübel in Monacos Neujahrsspiel gegen Stade Brest – und möchte man böse sein, könnte man mutmaßen, dass Yann Sommer über diese Bilanz nur müde lächeln kann. Denn beim letzten Aufeinandertreffen mit dem Verein, der nun um ihn buhlt, hat der Gladbacher Keeper einen neuen Bundesliga-Rekord aufgestellt. 19 Paraden verzeichneten die Statistiker beim 1:1 Ende August, bei dem Sommer die Bayern zum einen verzweifeln ließ und zum anderen in eine echte Krise stürzte. Einen Monat dauerte es bis zum nächsten Bundesliga-Sieg.
Es wäre natürlich eine Story für sich – und die Zeichen stehen gut –, wenn ausgerechnet dieser Sommer nun zum Hoffnungsträger auf dem Weg zu drei Titeln werden würde. Noch interessanter allerdings wird die ganze Nummer, wenn man die Vorgeschichte um ein paar weitere Privatduelle zwischen Sommer und der berühmt-berüchtigten Bayern-Offensive erweitert. Da wäre ein 0:2 im Juli 2021 in München, oder, noch besser, ein 0:5 im DFB-Pokal vier Monate später. Sommer triezte die Bayern zuletzt in einer Regelmäßigkeit wie kaum ein Zweiter. Und die Erfahrung lehrt, dass sein Weg damit eigentlich zwangsläufig nach München führen muss.
Die Taktik, diejenigen lieber in den eigenen Reihen zu haben, die einem sonst schaden, hat der Branchenprimus lange verfolgt. Eine „Win-win-Situation“, die ihren Ursprung anno 1980 in der Rekord-Verpflichtung von Calle Del’Haye nahm. 1,3 Millionen Mark für einen Mann, der nicht ins System passte, waren eine Ansage, später klaute man aufmüpfigen Teams wie dem Karlsruher SC (Michael Sternkopf, Mehmet Scholl, Oliver Kahn, Thorsten Fink und Oliver Kreuzer) oder Werder Bremen (Mario Basler, Andreas Herzog, Otto Rehhagel) gleich eine ganze Reihe an Leistungsträgern. Leverkusen verlor Michael Ballack und Ze Roberto; Stuttgart einst Giovane Elber, später Mario Gomez; der BVB Mario Götze, Mats Hummels, Robert Lewandowski. Und, und, und.
Oberflächlich betrachtet passt Sommer auf diese Liste, in Wahrheit aber natürlich nicht. Denn Gladbach steht zwölf Punkte hinter Bayern, zudem ist dieser Transfer rein aus der Not geboren. Er ist für den Moment stimmig – und sollte Sommer wirklich bis 2025 unterschreiben, wird es danach turbulent. Immerhin würde ein langfristiger Vertrag zeigen, dass die Bayern-Bosse sich die Frage stellen, die offiziell verboten ist: Was passiert eigentlich, wenn Manuel Neuer nicht mehr zu alter Stärke findet?
Hanna.Raif@ovb.net