München – Weil es jetzt wieder auf Kitzbühel zugeht: Das wird sein 30-Jähriges im Skizirkus. Im Januar 1992 hatte Bernd Schmelzer seinen ersten Einsatz für den Bayerischen Rundfunk. Auf der Jagd nach einem O-Ton von Italiens Star Alberto Tomba wurde er von drängelnden Kollegen sauber in den Interviewzaun gedrückt. Eine Hüftprellung, die ärztliche Behandlung erforderlich machte, war der Preis – doch fortan war Schmelzer im Geschäft. Heute überträgt er für die ARD die relevanten Skirennen und ist „definitiv die Stimme des Wintersports“, so findet es Hannes Ringlstetter, der Kabarettist. Der schrieb das Vorwort für das Buch seines Freundes: In „Ja, was macht er denn da?!“ (Egoth-Verlag, 24,90 Euro) erzählt Bernd Schmelzer, 57, von drei Jahrzehnten als Begleiter der Alpinen.
Schmelzer macht ja auch Fußball – doch der Skisport ist schon eine besondere Liebe. Seine dunkle Seite ist aus bayerischer Sicht die preußische Herkunft mit Geburtsort Dortmund, doch in seinem neunten Lebensjahr siedelte die Familie nach Balderschwang über, ins Schneeloch überm Riedbergpass. Skifahren ist toll, das lernte Bernd Schmelzer dort, manchmal ist es auch schmerzhaft, und deshalb wird einem in einer Reporterkarriere an den Skihängen einiges abverlangt. Schmelzer erzählt in seinem launigen Buch, wie er einmal ein Rennen am Tropf kommentierte oder mit aufgeschlitzter Wange – Resultat einer Parkplatzsturzes an der Garmischer Kandahar; er zog sich den frisch präparierten Ski übers Gesicht. Irgendwie befindet man sich im Skizirkus immer am Limit, nicht nur auf der Piste. Zur WM im schwedischen Are schaffte es das ARD-Team in Folge eines bereits in München mit Verbindungsausfällen beginnenden Flugchaos vier Minuten vor der Auftaktübertragung.
Was Insider Schmelzer am Skisport besonders schätzt: Dass man es mit „ausnahmslos netten Menschen“ zu tun hat, die sich Unkompliziertheit und Fannähe bewahrt haben – ein Gegenprogramm zum Fußball. Es gibt keine Abschottung gegenüber den Medien, die dürfen an Mannschaftsführersitzungen teilnehmen und werden sogar in strategische Erwägungen eingeweiht. Alle sind greifbar: Gut, einem Marcel Hirscher durfte man im Januar nicht die Hand geben, weil Österreichs Topstar sich im Monat mit den meisten Slalomrennen (sechs Stück) keine Grippe einfangen wollte, doch dafür erzählt ein Aleksandar Aamodt Kilde (Norwegen), dass er schon lange, bevor sie seine Lebensgefährtin wurde, ein Auge auf Mikaela Shiffrin, die Dominatorin aus den USA, geworfen hatte. Im Fußball, so Schmelzer, wäre schon die Frage nach Privatem von einem Pressebetreuer oder Mediendirektor unterbunden worden. „Auf über 2000 Metern ist das in diesem Moment eine andere Welt.“
So führt Bernd Schmelzer die Leserschaft durch die Weltcup- und Olympia-Orte, verrät, wo es so schön ist und beschreibt diejenigen, die den Skisport geprägt haben. Wie Hermann Maier. Den „Herminator“ chauffierten Schmelzer und sein BR-Kollege Andi Troll einmal nachts nach einer „Blickpunkt Sport“-Sendung nach Sölden. Der „Herminator“ verdrückte auf dem Rücksitz sämtliche an einer Tankstelle gekauften Brote und Schokoriegel, beschied, man solle sich nicht wegen Tempobeschränkungen sorgen („Ihn kenne man ja. Das müsste prinzipiell reichen“) und grämte sich nicht, als bei Ankunft in seinem Trainingsort die Hoteltür verschlossen war: „Fahrt ruhig zurück. Ich komme über die Balkone schon hinein.“ Eine Geschichte aus Gold. GÜNTER KLEIN