Bayerns ewiger Leitwolf

von Redaktion

Hunter steht für FCB-Aufwind

VON PATRICK REICHELT

München – So ganz erklären kann sich Othello Hunter die Sache selbst nicht. Will er auch gar nicht, der Center der Basketballer des FC Bayern. Lieber schmunzeln und tief genießen, wie sich die Dinge für ihn entwickelt haben. Basketball-Rentner hat er in diesem Jahr mal sein wollen, nur noch Chef seiner Musik-Agentur im fernen Kalifornien – nun spielt der 36-Jährige seit Wochen in der Form seines Lebens. Trifft vorne, räumt hinten weit jüngere und wuchtigere Gegner ab. Selbst Kollege Niels Giffey staunte zuletzt: „Er ist ein Biest.“ Klar ist: Es liegt viel an ihm, dass die Bayern nach fürchterlichem Fehlstart auch in der Euroleague mehr und mehr Fahrt aufnehmen.

Auf so etwas hat Trainer Andrea Trinchieri allenfalls leise zu hoffen gewagt. Erst Recht als sich Kapitän Vladimir Lucic mit einer komplizierten Ellenbogenverletzung langfristig abmeldete. Aber Hunter, eigentlich als Co-Anführer für besondere Momente geholt, übernahm wie selbstverständlich. Und nicht nur auf dem Feld. Hunter ist auch der unbestrittene Leitwolf in der Kabine, an dem sich die vergleichsweise unerfahrenen Kollegen wie die Europa-Neulinge Cassius Winston und Freddie Gillespie orientieren können. Er selbst findet die Rolle nur logisch: „Wenn Lucca (Lucic, d. Red.) nicht da ist, dann liegt es an mir.“

Klar, der Schöngeist aus North Carolina kennt Europas Spitzen-Basketball wie kein Zweiter. Montepaschi Siena, Olympiakos Piräus, Real Madrid, ZSKA Moskau, Maccabi Tel Aviv – Hunters letzte Arbeitgeber lesen sich wie das „Who is who“ des europäischen Basketballs. Von Ihnen lernte er vor allem ein Prinzip: Besser nicht nach vorne und auch nicht nach hinten schauen. Klingt bei ihm so: „Geht raus, spielt hart und genießt es!“

Hinzu kommt ein unerschütterliches Selbstvertrauen. In der Vorsaison erklärte Hunter nach den ersten Niederlagen in Europa beharrlich: „Wir sind ein Playoff-Team.“ Was heraus kam, ist bekannt. Die Bayern trieben Hauptrunden-Champion Barcelona bis ins fünfte Viertelfinale. Man hätte nichts dagegen, wenn man einen neuen Anlauf wagen könnte. Allerdings: Die Euroleague ist derzeit eine denkbar enge Gesellschaft (gestern unterlag der FC Bayern bei Fenerbahce Istanbul 71:79). Niemand ist abgeschlagen, niemand enteilt. Selbst Spitzenreiter Real Madrid hat bereits in der Vorrunde sechs Niederlagen kassiert – im Vorjahr hatte Barcelona zum Hauptrundenende nur eine mehr.

Weshalb Hunter sich mit dem P-Wort derzeit auch gar nicht befassen will. Genauso wenig wie mit den Avancen seines Clubs in Sachen Vertragsverlängerung: „Alles zu seiner Zeit.“

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