München – Der Instagram-Post ist 46 Wochen alt, aber dieser Tage irgendwie doch wieder brandaktuell. Das Foto, unter dem Jacqueline Lölling ihre Worte der Enttäuschung nach dem achten Platz im olympischen Skeleton-Wettbewerb von Peking platziert hat, zeigt die Weltmeisterin von 2017 mit Maske – und Tränen in den Augen. Immerhin schloss sie mit Humor. Es ist zu lesen: „Mir hat mal jemand gesagt: ,Nach einem Tal kommt immer ein noch tieferes Tal.’ Ich denke aber, es geht doch auch irgendwann wieder bergauf.“
Das Warten auf das „Irgendwann“ dauert bis heute an. Und so hat das Rennen an diesem Wochenende in Altenberg, der vorletzten Weltcup-Station vor der WM in St. Moritz (22. Januar bis 5. Februar), für die einstige Überfliegerin Lölling tatsächlich auch schicksalhaften Charakter. Es ist die einzige Chance für die Westfälin, um beweisen, dass sie weiterhin mit den Besten der Welt mithalten kann. Dass sie genauso gut ist wie die Gesamtweltcup-Führende Tina Herrmann und vor allem die Oberbärenburgerin Susanne Kreher, die ihr bei der Weltcup-Nominierung im Herbst von Bundestrainer Christian Baude vorgezogen wurde. Es steht also viel auf dem Spiel – aber Lölling hat nicht mal alles in der eigenen Hand. Sie ist auf die Hilfe ihrer Teamkollegin Hannah Neise angewiesen.
„Jacqueline ist am Start, weil Hannah bei der Junioren-WM versuchen wird, den vierten WM-Startplatz einzufahren“, erklärt Chefcoach Baude. Sollte Olympiasiegerin Neise in Winterberg den Junioren-Titel gewinnen, hätte der BSD für den Saisonhöhepunkt in St. Moritz ein Ticket mehr zu vergeben. Lölling, die bisher in der laufenden Saison im zweitklassigen Intercontinental-Cup zum Einsatz kam, wäre nur in diesem Fall dabei – obwohl sie in allen sechs Rennen der „2. Liga“ auf dem Podest stand.
Die Situation erinnert ein wenig an jene vor den Spielen in Peking. Auch da verpasste Lölling, jahrelang die beste Deutsche, nach einer von Verletzungen durchsetzten Saison die Qualifikation. Erst nach einem Sonderantrag nominierte sie der DOSB. Dem achten Platz folgte ein Wechsel des Trainerteams, eine gute Vorbereitung – und die erneute Enttäuschung.
Ihr neuester Post zeigt Lölling voll fokussiert. Sie steht am Start in Altenberg, klappt ihren Helm zu und macht sich bereit. Man sieht ihr an: Es geht um alles. HANNA RAIF