Die Abläufe vor einem Handball-Großereignis gleichen sich von Jahr zu Jahr. Allerlei Aktive und ehemals Aktive aus der Welt des in Deutschland zweitbeliebtesten Sports hinter dem Fußball äußern sich zu den Chancen der Nationalmannschaft – und haben mehr oder weniger die gleiche Meinung: Das Viertelfinale muss das Ziel sein. Vielleicht sogar das Halbfinale, denn insgeheim liebäugelt man meist mit einer Medaille. So ist es auch bei dieser WM, die für den DHB heute mit der durchaus kniffligen Aufgabe gegen Asienmeister Katar beginnt.
Dabei sieht die Realität seit dem famosen WM-Titel beim Wintermärchen 2007 völlig anders aus. Für zwei der 18 Turniere verpasste man die Qualifikation, sechs Mal schied man in der Hauptrunde aus, auch weil man sich oft nur durch die Vorrunde zitterte. Das Viertelfinale überstand der DHB nur drei Mal. Zwei Highlights gehen auf das Konto von Ex-Bundestrainer Dagur Sigurdsson (2014 bis 2017). Der Isländer holte 2013 mit einer Außenseiter-Truppe völlig überraschend EM-Gold und ließ ein paar Monate später noch Olympia-Bronze folgen. Ohne diese gar nicht erhofften Medaillen-Coups sähe die deutsche Bilanz der vergangenen knapp 15 Jahre ziemlich düster aus. Weder Heiner Brand in seiner Spätphase (bis 2011) noch Martin Heuberger (2011 bis 2014) oder Christian Prokop (2017 bis 2020) konnten als Bundestrainer übermäßig glänzen.
Auch Bob Hanning, der umstrittene Handball-Funktionär, der für seinen Sport lebt und viel getan hat, muss seine Mission als Vizepräsident des Verbands (2013 bis 2021) eher als gescheitert ansehen. Sein Ziel war immer Olympiagold in Tokio, doch das DHB-Team ist davon aktuell genauso weit entfernt wie bei seinem Amtsantritt. Was all das für die kommenden Tage bedeutet?
Es sollte nur der nächste Pass, das nächste Tor und die nächste Abwehraktion zählen. Die Mannschaft muss sich mit Engagement und Einsatz in das Turnier arbeiten und sich die Begeisterung der TV-Zuschauer verdienen. Und sie muss nach Möglichkeit verlustpunktfrei durch die Vorrunde kommen. Ob das gelingen kann? Ja, wenn Torhüter Andreas Wolff endlich mal wieder ein starkes Turnier spielt, Mittelmann Juri Knorr seine Spielereien nicht übertreibt und der eine oder andere Rückraum-Hüne etwas über sich hinauswächst. Zuletzt holte der DHB bei der Weltmeisterschaft 2017 in den ersten Spielen ausschließlich Siege – ehe man im Achtelfinale böse scheiterte. Passenderweise am heutigen Auftaktgegner Katar.
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