München – Auszeiten im Basketball können schon mal laut sein. In 60 Sekunden muss der Trainer sein Team wieder auf Kurs bringen, Zeit für den Austausch von Höflichkeiten ist da nicht.
Eine Auszeit der Bayern-Basketballer während der 68:96-Abreibung in Ludwigsburg war trotzdem bemerkenswert. Magenta Sport verlinkte das Video dazu sogar in einer Pressemitteilung. Es war das letzte Viertel, die Bayern lagen zu dem Zeitpunkt schon 61:82 zurück, sieben Minuten waren noch zu spielen. Andrea Trinchieri hockte und schrie in Richtung seiner bedröppelt aussehenden Spieler. Der italienische Coach adressierte besonders seinen Point Guard. „Spiel für das verdammte Team“, motzte Trinchieri Cassius Winston an.
Die Emotionen gehören zu Trinchieri dazu. Ein Vulkan an der Seitenlinie. Damit bereichert er auch die Bundesliga. Der Basketball-Maestro liebt seinen Sport und kann es gar nicht leiden, wenn nicht nach seinen Vorstellungen gespielt wird. Am Sonntag brodelte es auch nach Abpfiff noch in Trinchieri.
„Für mich ist es das schlechteste, das ich je in meinen sechseinhalb Jahren in Deutschland gecoacht habe“, sagte er: „Wir waren peinlich, das ist der Tiefpunkt und es ist sehr schwer, das runterzuschlucken.“ Sein Team hätte so auch 25 Tage hintereinanderspielen können und hätte trotzdem „immer mit einer Differenz von 15 bis 25, 30 Punkten verloren.“ Trinchieri sprach den vor einer Woche verstorbenen Fußballer Gianluca Vialli an. Der habe immer gesagt: Wer gewinnt, genießt – wer verliert, der erklärt. „Doch ich kann heute auch nichts erklären, habe keine Ausreden“, sagte Trinchieri.
Die Münchner trafen nur 37 Prozent ihrer Würfe, leisteten sich bis zur Pause zehn Ballverluste. Natürlich ist es auch ein Problem des Basketballs, das du als Team in der Bundesliga und der aufgeblähten Euroleague deutlich zu viele Spiele hast. Für Bayern war die Pleite in Ludwigsburg die vierte Partie innerhalb einer Woche. Aber es ist auch kein neues Problem. Und vor allem keins, das Trinchieri als Ausrede zählen lassen würde.
„Wir reden darüber, müde zu sein und okay, es ist unsere dritte Woche hintereinander mit Back-to-back-to-back-to-back-Spielen – aber sorry, das ist mir scheißegal“, sagte Trinchieri, der das Spiel am Sonntag als Realitätscheck wertete. „Wir sind hier, um Basketball zu spielen, ein Trikot in Ehren zu halten und um hart zu spielen. Doch das haben wir nicht getan.“
Die Abreibung soll ein Wendepunkt sein. Man könne nicht einfach so weitermachen, ohne ein solches Spiel zu analysieren. Trinchieri ist ein Mann der klaren Worte. Einer, der ein Team aufrütteln und zusammenschweißen kann. Und dafür ist nun auch endlich mal etwas Zeit. Erst am Freitag spielen die Münchner wieder, in Istanbul. Dann wird zu sehen sein, ob Trinchieris harte Worte Wirkung zeigen. nms