Der General erfindet sich neu

von Redaktion

Gislason zieht bei der WM die Jugend in die Verantwortung

Kattowitz – Vom knallharten Clubcoach zum aufgeschlossenen Bundestrainer: Wer Alfred Gislasons Verwandlung mit dem DHB-Team nachvollziehen will, dem sei eine Auszeit aus dem WM-Schlüsselspiel gegen Serbien ans Herz gelegt. Es steht Spitz auf Knopf, als der Meistertrainer seine Mannschaft um sich versammelt. Nach ein paar einleitenden Worten ergreift Julian Köster das Wort. Es folgen die Einschätzungen von Juri Knorr. Dass beide erst 22 Jahre alt sind, ist kein Zufall. Die Mitsprache der Jüngsten ist bei Gislason inzwischen ausdrücklich erwünscht.

Den 63-Jährigen deswegen als altersmilde zu bezeichnen, würde ihm nicht gerecht werden. Doch der Isländer hat sich den Gegebenheiten in der Nationalmannschaft hervorragend angepasst, manche würden sagen, er habe sich weiter entwickelt oder gar neu erfunden. Dazu passt ein Gislason-Satz vor einiger Zeit: „Es macht das Leben schön, wenn man junge Leute in ihrem Sport und auf ihrem Lebensweg weiterbringen kann.“

Die ersten WM-Auftritte schüren tatsächlich die Hoffnung, dass es mit den deutschen Handballern pünktlich vor der Heim-EM 2024 wieder bergauf gehen könnte. Als ihm immer wieder Spieler absagten oder aus dem DHB-Team zurücktraten, machte Gislason aus der Not eine Tugend und krempelte den Kader um. Statt auf die ganz großen Stars, mit denen Gislason bei seinen so erfolgreichen Stationen in Magdeburg und Kiel Titel am Fließband sammelte, setzt er nun auf die Jugend. Hochveranlagte Spieler bekommen viel Verantwortung, auch Charakterstärke ist Gislason bei seinen Nominierungen wichtig.

„Wir haben sehr viele gute Spieler, aber vielleicht noch nicht den Superstar. Wir haben aber viele Leute, die das Potenzial haben“, sagt Gislason. Zudem sei ein vernünftiges Teamgefüge die „Grundvoraussetzung für Erfolg“.

Der Respekt der Spieler vor dem Trainerfuchs ist nach wie vor riesig, aus der Verbindung mit Gislason schöpfen sie aber vor allem ganz viel Kraft und Selbstsicherheit. „Es ist eine Ehre, mit so einem Trainer zusammenzuarbeiten, der im Handball schon alles erlebt hat“, sagt etwa Kapitän Johannes Golla über Gislason und schwärmt von der Kommunikation. Das Verhältnis sei „über die Jahre gewachsen. Wir tauschen uns aus, er sagt mir, was ihm wichtig ist, was er von der Mannschaft erwartet.“

Und Erwartungen gibt es in seinem mittlerweile vierten Großturnier auch an ihn. Es wird Zeit zu liefern. Gislason weiß das. Und setzt auf die Jugend.  sid

Artikel 5 von 11