Schluss mit Luxus

von Redaktion

Bayern vertraut der dezimierten Defensive: Upamecano und de Ligt sind gefordert wie nie

VON HANNA RAIF

München – Neues Jahr, neues Glück – und auch neue Maßnahmen: Bereits heute, also zwei Tage vor dem Bundesliga-Wiederanpfiff am Freitag bei RB Leipzig, wird Julian Nagelsmann Platz auf dem Podium an der Säbener Straße nehmen. Alles, was die Öffentlichkeit rund um das Spitzenspiel gegen RB Leipzig interessiert, muss mehr als 48 Stunden vor Anpfiff der Partie geklärt werden, dann heißt es für den Coach: Volle Konzentration auf sein Team. Auf die, die vorne die Tore schießen sollen. Aber vor allem auf die, die hinten dicht halten müssen – und sich bitte, bitte in den kommenden Wochen und Monaten nicht verletzen dürfen.

69 Tage ist das letzte Pflichtspiel, das 2:0 auf Schalke, her, wenn der Ball übermorgen um 20.30 Uhr wieder rollt. Die Tabellenkonstellation ist freilich gleich geblieben – die Bayern grüßen mit vier Punkten Vorsprung von der Spitze –, die Umstände innerhalb der Mannschaft des Rekordmeisters haben sich jedoch deutlich verschoben. Während in der Offensive lediglich der Ausfall von Sadio Mané schmerzt und ansonsten Stars wie Thomas Müller und Serge Gnabry um ihre Plätze zittern müssen, startet die Defensive nicht nur stark dezimiert ins Jahr, sondern muss bekanntlich die gesamte Rückrunde ohne Lucas Hernandez und Manuel Neuer sowie noch länger ohne Noussair Mazraoui auskommen. Der Druck liegt daher auf den zwei verbliebenen Innenverteidigern: Dayot Upamecano und Matthijs de Ligt wollen und müssen ihr Weltklasse-Format beweisen. Und das, obwohl sie beide mit großen Vorbelastungen starten.

De Ligt hat zwar am Montag nach Knöchelblessur das Teamtraining wieder aufgenommen, tut aber schon seit dem Trainingslager mit Wehwehchen rum. Und Upamecano hat halt im Vergleich zu all seinen Mitspielern als Stammspieler von Finalist Frankreich die meisten WM-Minuten in den Beinen. Dass der einzige Spieler in Nagelsmanns Kader, der schon in der Hinrunde in allen 15 Liga-Spielen in der Startelf stand, dennoch körperlich fitter wirkt denn je, ist gut für das gesamte Team. Denn Pausen wird es auch in der heißen Saisonphase für den 24-Jährigen kaum geben. Hatte Nagelsmann in der ersten Saisonhälfte noch die Qual der Wahl, ist ab sofort Schluss mit Luxus. Benjamin Pavard wird rechts gebraucht, Neuzugang Daley Blind ist klar zweite Wahl.

Es mag plump sein, alte Fußballweisheiten zu zitieren. Aber wenn man eben doch behauptet, dass der Angriff Spiele, aber die Defensive Titel gewinnt, weiß man, dass in den kommenden Monaten – optimalerweise bis zum Champions-League-Finale am 10. Juni in Istanbul – keine Fehler erlaubt sind. Die erste Reifeprüfung wartet an diesem Freitag auf Upamecano und de Ligt, die nächste am 14. Februar, wenn es gegen den Pariser Super-Sturm um Messi, Kylian Mbappé und Neymar geht, also andere Kaliber als in der Bundesliga. Dass das Duo die Großen nicht fürchtet, hat es etwa beim 3:0 in Barcelona bewiesen – Robert Lewandowski biss sich die Zähne an der Zentrale seines Ex-Vereins aus. Upamecano kommt sowieso auf starke Zweikampfwerte, 292 gewonnene Liga-Duelle sind die meisten in Bayern-Reihen. De Ligt aber hat vor allem in puncto Spritzigkeit und Torgefährlichkeit noch Steigerungspotenzial. Er sollte es ausschöpfen – denn an den Saisonzielen hat sich trotz der Verletzungsmisere nichts geändert.

Nach Informationen unserer Zeitung haben sich die Verantwortlichen um Hasan Salihamidzic schon am Morgen nach der schweren Verletzung von Hernandez gegen die Verpflichtung eines neuen Innenverteidigers entschieden, Allzweckwaffe Blind kam erst nach dem Mazraoui-Ausfall. „Wir vertrauen unseren Spielern“, war da zu hören – dieses Vertrauen soll ab sofort zurückgezahlt werden. Nagelsmann nutzt aus gutem Grund jede Minute mit dem Team.

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