München – 16 Jahre in Köln, acht Spiele für Bayern: Torhüter Toni Schumacher (68) ist Experte, wenn es um die Paarung heute Abend (20.30 Uhr) geht. Im Interview blickt er auf damals und heute.
Herr Schumacher, 7:1 gegen Bremen. Wie ist die Stimmung in der Domstadt?
Die Euphorie ist riesig. Und dann wird natürlich auch gleich wieder daran gedacht, dass wir auch europäisch vertreten sein können. Das geht in Köln schnell.
Ähnlich wie in München beim TSV 1860.
(lacht) Himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt.
Beim 7:0 1983 gegen Frankfurt, dem letzten vergleichbaren Sieg, standen Sie im Tor.
Das stimmt. Aber mir fällt auch ein Spiel gegen Bremen ein: 7:2 gewonnen, sechs Tore von Dieter Müller. Ich habe in solchen Spielen, selbst als Aktiver, immer Mitleid mit dem anderen Torhüter gehabt. Sieben Tore zu kassieren, ist schon eine Demütigung.
War das ein Sahnetag – oder ein Wink?
Das ist die Art von Steffen Baumgart, Fußball spielen zu lassen. Er ändert seine Taktik nicht, egal, welcher Gegner kommt. Das finde ich gut. Auch gegen Bayern wird Köln versuchen, vorne den Gegner unter Druck zu setzen.
Der FC glaubt daran, den FC Bayern schlagen zu können – Sie auch?
So muss man immer in ein Spiel gehen. Als Profi darfst du niemals denken: Ich kriege eh einen auf die Mütze. Und wenn gegen die Bayern am Ende ein Punkt steht, wäre das auch ein Erfolg.
Sie selbst haben eine fast ausgeglichene Bilanz gegen den FC Bayern.
Stimmt, das war ein Lieblingsgegner von mir. Aber damals hatten wir auch eine klasse Mannschaft, haben Ende der Siebziger das Double geholt, regelmäßig europäisch gespielt.
Mit Karl-Heinz Rummenigge und Paul Breitner haben Sie um Geld gewettet, wenn Sie aufeinandergetroffen sind. Wer hatte denn die Taschen voller?
Gegen Kalle habe ich gewettet, dass er nicht gegen mich trifft. Da habe ich meistens gewonnen, hatte eine wirklich gute Quote (lacht). Ganz anders gegen Paul Breitner in unserer Elfmeter-Wette. Da habe ich nie gewonnen. Ihn konnte man nicht aus der Ruhe bringen, schon gar nicht mit 200 D-Mark.
Wussten er, dass Sie auf diesem Gebiet der erste „Datensammler“ waren?
Sie meinen, dass ich der Vorgänger der Ran Datenbank war? Das war ich wirklich (lacht)! Die kleine Kladde mit den handgeschriebenen Aufzeichnungen, zumeist vom meiner Mutter und mir, liegt heute im Fußballmuseum. Auch meine Freunde haben mitgeholfen, wenn sie im Fernsehen einen Strafstoß gesehen haben: Rückennummer, Verein – und in welche Ecke, Rechts- oder Linksfuß, flach oder hoch. Alles wurde dokumentiert. So hatte ich meine eigene Datenbank, die mir oft geholfen hat. Bis heute bin ich der Torhüter der Liga, der die zweitmeisten Elfmeter gehalten hat.
Hätten Sie gegen Lewandowski auch gehalten?
Ich denke schon. Das war so ein kleiner Psychokrimi, der mir Spaß gemacht hat.
Bei ihrem Bayern-Debüt waren Sie 37. Neben Jörg Butt der einzige ältere Debütant als Yann Sommer…
Ehrlich? (lacht) Aber ich habe nur acht Spiele ausgeholfen.
Sommers Rolle ist anders.
Ich habe über den Wechsel viel nachgedacht, wie bei Jörg Butt: Warum geht man als absolute Nummer eins von einem Verein zu einem anderen Club, bei dem man nur kurzfristig die Nummer eins ist? Wenn Manuel Neuer wieder da ist, ist das für Sommer ja auch wieder vorbei. Dann wird Manuel wieder spielen.
Kann Neuer mit 37 zurückkommen wie vorher?
Es ist schon so, dass es im Alter länger dauert, nach Verletzungen wieder gesund zu werden. Man muss schauen, wie ihm das gelingt. Ich mache mir keine Sorgen, dass er nicht motiviert ist, dass er das Niveau nicht halten kann. Ich habe auch mit 42 noch mal in Dortmund im Tor gestanden. Aber ich würde an seiner Stelle über Einsätze in der Nationalmannschaft nachdenken.
Also zurücktreten?
Aufgrund der Belastung würde ich an seiner Stelle auf die Nationalmannschaft verzichten und mich voll auf Bayern konzentrieren. Außerdem schläft die Konkurrenz in der Nationalmannschaft auch nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass er das auch so machen wird. Und dann kann er für seinen Verein bis 40 spielen – wie Dino Zoff.
Ist Sommer denn besser als Sven Ulreich?
Für Ulreich ist das eine schwierige Sache, er tut mir ein bisschen leid. Er ist selbst ein super Torwart – und das als zweiter Mann. Dass sie dann noch einen Neuen holen, ist für ihn schon hart. An seiner Stelle würde ich mir im Sommer einen neuen Verein suchen. Umgekehrt weiß Sommer, dass er keine ruhige Kugel schieben kann. Er muss Vollgas geben und sich darauf einstellen, dass es sehr schwer für ihn wird, wenn Manuel wieder fit ist.
Seine Größe war ein Thema. Sie selbst haben mit 1,86 Metern bewiesen, wie gut man als kleinerer Keeper halten kann.
Wenn man sich die Jungs im Tor heute anschaut, sind das schon zumeist Riesen. Yann hat andere Qualitäten. Er ist reaktionsschnell. Groß rauskommen tut er nicht, aber er hat ja bei den Bayern lange Recken vor sich.
Man kann also gegen Paris mit ihm spielen?
Das denke ich schon.
Und gegen Köln?
(lacht) … da muss er zwei Mal hinter sich greifen. Mal sehen, wie viele Tore auf der anderen Seite fallen.
Interview: Hanna Raif