Wenn Fair Play biegsam wird

von Redaktion

Barcelonas Beispiel zeigt – Finanzregeln stoßen im Basketball an Grenzen

München – Es war nur eine kleine Meldung im vergangenen Oktober und sie wäre in den wirtschaftlichen Wirren beim FC Barcelona beinahe untergegangen. Für die nächste Spielzeit, so hatte die Clubführung die Mitglieder informiert, werde man das Budget der Abteilungen hinter dem Fußball um 15 Millionen Euro kürzen. Hauptbetroffen sollen die Basketballer sein, die sich am Donnerstag (20.30 Uhr) in der Euroleague mit dem FC Bayern auseinandersetzen.

Grund für den Schnitt seien die Verluste, die in der Saison 2021/22 zwei Millionen Euro höher gelegen seien als erwartet. Was das heißt, hat der Szenekenner Cem Karamürsel im Report seiner European Basketball Advisory Group beziffert. In den sechs Spielzeiten zwischen 2015 und 2021 haben die Katalanen demnach im Schnitt 26,6 Millionen Verluste geschrieben – im Zuge der Pandemie stieg die Bilanz des Grauens auf über 30 Millionen an. Zum Vergleich: Die Basketballer des FC Bayern wirtschafteten zuletzt mit Gesamtbudgets zwischen 20 und 24 Millionen Euro. Wobei übrigens auch die Münchner nicht vor Verlusten gefeit sind – in der ersten Corona-Saison 2019/20 blieb man mit drei Millionen Euro in den Miesen.

Die Frage liegt auf der Hand: Wie vertragen sich Barcelonas Geschäftsdaten mit einer Sportart, die seit 2015 mit Financial Fairplay Regularien arbeitet? Eine Regelung, die übrigens der frühere BBL-Chef Jan Pommer mit entwickelte und die von den Clubs auch einhellig abgesegnet wurde. „Weil es halt auch schwer ist, sich gegen Regelungen zu stellen, die für seriöses Wirtschaften stehen“, sagte er, „in der Praxis haben viele wohl gesagt: Das wird schon nicht so schnell greifen.“

Die Euroleague-Zentrale gab ein Stück weit Aufklärung im Falle Barca. Der Verein hat einen Vertrag mit dem Sportartikel-Hersteller Nike, der ausdrücklich auch die Förderung der kleineren Abteilungen vorsieht. Und mit dessen Zahlungen wird die Bilanz ausgeglichen. Das ist relativ unbegrenzt möglich, solange der Geldgeber kein Anteilseigner des Clubs ist. Das Fazit der Euroleague-Finanzkomission: Barcelona erfüllt die Anforderungen des Financial Fairplay.

Das sieht übrigens auch eine Limitierung der Spielergehälter auf maximal 65 % des Gesamtbudgets vor. Karamürsel indes berichtet von, selbst in der Pandemie sprunghaft steigenden Salären auf eine Marke jenseits der 30 Millionen Euro. Alleine für Barca-Star Nikola Mirotic wird in spanischen Medien ein Gehalt von neun Millionen Euro kolportiert. Zum Vergleich: Laut Bundesanzeiger gab der FC Bayern Basketball 2020/21 rund 12 Millionen für Gehälter aus.

Und natürlich ist Barcelona im seltsamen Finanzkosmos Euroleague kein Einzelfall. Real Madrid wirtschaftet ähnlich. Bei Panathinaikos Athen versprach die Clubführung um den schwerreichen Eigner Dimitrios Giannakopolous Trainer Dejan Radonjic kürzlich einen Kaderumbau mit „unbegrenztem Budget“.

Doch, ja, manchmal greift die Fairplay-Regel auch. Roter Stern Belgrad wurde zu Jahresbeginn auffällig als man den argentinischen Wirbelwind Facundo Campazzo (zuletzt Dallas Mavericks) unter Vertrag nehmen wollte. Wegen diverser laufender Verbindlichkeiten des serbischen Traditionsclubs wurde Campazzos Einsatz zumindest bis März untersagt. Pommer findet es gut: „Solche Sperren sind sicherlich wirksamer als Geldstrafen“, sagte er, „denn Geld treibst du immer irgendwie auf. Aber wenn du einen Spieler nicht einsetzen kannst, dann schmerzt das mehr.“

Die Konkurrenz wird es im Detail vielleicht anders sehen. So ist Campazzo beispielsweise am 24.2. gegen Berlin noch gesperrt – eine Woche später in München darf der Spielmacher erstmals ran. PATRICK REICHELT

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