Paris – Bei den Investoren aus Katar wächst die Ungeduld, Insider berichten von Krach in der Kabine – da war das mit großer Spannung erwartete Abschlusstraining bei Paris St. Germain ein echter Lichtblick. Die angeschlagenen Superstars Lionel Messi und Kylian Mbappé bewegten sich bestens gelaunt auf dem Platz und stehen wohl zumindest für Teilzeiteinsätze zur Verfügung.
Immens wichtig für PSG, denn der französische Pokal ist bereits weg, der nationale Titel eine Selbstverständlichkeit, für die Clubbosse zählt nur der langersehnte Triumph in der Champions League. Aber nach insgesamt vier Niederlagen seit Jahresbeginn in der Liga und im Cup-Wettbewerb sind die Franzosen im Achtelfinal-Hinspiel gegen Bayern längst nicht mehr der Favorit.
„Wir müssen jetzt unsere Kräfte und unsere Energie vor dem großen Spiel gegen die Bayern bündeln. Das wird uns Selbstvertrauen auf dem Spielfeld geben“, betonte Trainer Christophe Galtier. Auch Kapitän Marquinhos beschwor den Zusammenhalt der exzentrischen Superstars: „Wir gehen durch schwierige Zeiten, aber wir sollten uns vor Augen führen, was wir in dieser Saison noch alles gewinnen können.“
Angst müssen die Münchner aber nicht haben. Klar, die Offensive von Paris ist zweifelsohne die Angriffsreihe der Superlative im europäischen Spitzenfußball, aber wenn sich der deutsche Rekordmeister geschickt anstellt, kann sie die angriffslustige Ausrichtung der Pariser zum eigenen Vorteil nutzen. Denn auf Defensiv-Arbeit hat der „Dreizack“ Messi, Neymar und Mbappé nur wenig Lust. „Ist diese Reihe überspielt, ergeben sich Räume für den Gegner, um seinen geregelten Aufbau unbehelligt in die nächste Zone zu verschieben. Die Offensivstars setzen höchstens gelegentlich nach hinten nach“, erklärt Markus Brunnschneider, Fachbereichsleiter für Spiel- und Taktikanalyse am Internationalen Fußball Institut (IFI). Dieses Verhalten trägt dazu bei, dass die größten Problemzonen im Pariser Spiel ersichtlich sind: die defensiven Außenbahnen. „Beide Außenverteidiger stehen in Ballbesitz sehr hoch und beleben somit die Offensive. Die offensiven Außenbahnspieler schieben dann in der Regel mehr ins Zentrum, um in den Halbpositionen anspielbar zu sein“, analysiert Brunnschneider.
Diese offensive Interpretation der Außenverteidigerposition, für die vor allem Nuno Mendes und der ehemalige Dortmunder Achraf Hakimi stehen, hat laut des Taktik-Experten eine Kehrseite, die die Bayern nutzen können: „Es ergeben sich weite Räume für Gegenangriffe. Bei derartigen Attacken dürften die sehr erfahrenen, aber nicht allzu schnellen Innenverteidiger Sergio Ramos und Marquinhos Probleme bekommen, wenn die Bayern mit ihren schnellen Außenbahnspielern Kingsley Coman, Leroy Sané, Serge Gnabry oder Alphonso Davies in die angesprochenen Räume stoßen.“
Dort angelangt, muss die Münchner Offensive zwingend zum Torabschluss kommen und Ballverluste vermeiden. Ansonsten könnten die Konter-Angriffe der Franzosen böse enden, wie Brunnschneider prophezeit: „In der Defensive müssen sie PSG möglichst früh stören, um den Gegner weit weg von den gefährlichen Zonen in der Nähe des eigenen Tores zu halten.“
Der AS Monaco hat das beim 3:1-Sieg vergangenen Samstag gut gemacht. Presnel Kimpembe musste die aufgebrachten Anhänger anschließend in der Gästekurve beruhigen. Auch bei ihnen wächst die Ungeduld.
MANUEL BONKE