René Fasel auf Abwegen

von Redaktion

Eishockey-Ehrenpräsident wird Russe

München – „Moralische Verkommenheit“ – so urteilte Dagmar Freitag. Die SPD-Politikerin saß zwölf Jahre, bis 2021, dem Sportausschuss des Deutschen Bundestags vor, und auch wenn sie jetzt Privatperson ist, lässt sie das sportpolitische Geschehen auf der Welt nicht los. Die Geschichte, mit der sie einen neuen Höhe- oder Tiefpunkt erreicht sieht: Nach Meldungen der russischen Nachrichtenagentur Interfax ist René Fasel, Eishockey-Funktionär aus der Schweiz, russischer Staatsbürger geworden.

Fasel, heute 73, ist nicht irgendwer. Er war Schiedsrichter, Präsident des Schweizerischen Eishockey-Verbandes und 27 Jahre lang Chef der International Ice Hockey Federation (IIHF), des Weltverbands. In seine Amtszeit fiel die Teilnahme der NHL-Profis an den Olympischen Spielen (1998 bis 2014). Zugleich war er Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee. Er galt als Günstling des Ober-Olympiers Juan Antonio Samaranch, der ihm, dem Zahnarzt, ein Forschungsprojekt an der Universität in Barcelona verschaffte.

Im September 2021 trat Fasel nicht mehr an bei der IIHF, beim Kongress in St. Petersburg wurde er zum Ehrenpräsidenten auf Ehrenzeit ernannt. Schon damals gab es Gerüchte, er werde sich nach Russland orientieren – in einem Job bei der dortigen Großliga KHL. Fasels Ost-Faible äußerte sich auch darin, dass er bis zuletzt versuchte, Belarus als Austragungsland der WM 2021 zu halten. Erst auf massiven Druck diverser IIHF-Sponsoren gab er nach. Es kam aber noch zu einer entschuldigenden Umarmung mit dem belarussischen Diktator und mutmaßlichen Wahlfälscher Lukaschenko. Auch von Wladimir Putin ließ Fasel sich einwickeln. Öfter pfiff er Showspiele, in denen Russlands Präsident auflief.

Russe wurde Fasel auch aus geschäftlichen Gründen. Schon vor dem Ukraine-Krieg soll er den Einstieg bei der Apfelplantage Alma Holding in Krasnodar eingeleitet haben. Nun gehören ihm 54 Prozent. Der andere Gesellschafter ist der Milliardär Gennadi Timtschenko.

Fasels Heimatclub HC Fribourg geht auf Distanz. Sein Name soll aus der Legendengalerie des Stadions entfernt werden. GÜNTER KLEIN

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