München – Es gibt Momente in so einer Saison, da will auch Andrea Trinchieri lieber nicht kleinlich sein. Und so hat sich der Trainer der Basketballer des FC Bayern auch gar nicht weiter daran gestört, dass dieses Euroleague-Duell mit ASVEL Villeurbanne vorsichtig gesagt nicht unbedingt zu den Leckerbissen dieser Saison in Europa gehört hatte. „Ich finde, es ist eine große Qualität einer Mannschaft, wenn sie Wege findet, so ein Spiel zu gewinnen, auch wenn sie nicht gut spielt“, sagte er.
Diese Wege fanden seine Bayern tatsächlich. Ein 76:72 stand am Ende auf der Anzeigetafel. Und es ist gar nicht mehr wesentlich, ob dieser elfte Saisonsieg in Europa noch von Wert für die Tabelle werden könnte. Die Münchner ziehen sich in diesen Tagen darauf zurück, dass diese verbleibenden Spiele in der Euroleague auch Gelegenheiten sind, sich mit Blick auf den Titelkampf in der Bundesliga als Team weiterzuentwickeln.
„Das ist genau das, was wir momentan Schritt für Schritt machen“, betonte Niels Giffey. Und ganz nebenbei war dieses Duell der beiden jüngsten A-Lizenzinhaber der Euroleague ja auch eine sportpolitische Bühne. Am Nachmittag hatte sich alles, was in der Königsklasse Rang und Namen hat, in München getroffen. Zu den zentralen Tagesordnungspunkten soll dabei auch die Idee gehört haben, ein Team aus Dubai in den illustren Zirkel aufzunehmen. Es ist kein Geheimnis, das nicht zuletzt der neue Euroleague-Chef Marshall Glickman stark mit dem Gedanken sympathisiert. Ob die Clubs es früher oder später auch tun, ist momentan offenbar noch weitgehend unklar.
Doch auch so hatte es schon eine gewisse Ironie, dass das Thema gerade an diesem Tag auf der Tagesordnung stand. Der Spieltag im Audi Dome stand unter dem Motto Toleranz und Diversität. Sogar das große Bayernlogo im Mittelkreis war in den Regenbogenfarben gehalten. Das ist ja etwas, was auch die Euroleague gerne vermittelt, dass es in ihr nicht nur um Spitzenbasketball geht. Dass man auch soziale Verantwortung und Werte für sich reklamiert.
Und nun debattiert man über die Aufnahme eines Staates, der das nicht unbedingt von sich behaupten würde. Der ziemlich genau für das Gegenteil des Spieltagsmottos steht. Ligachef Glickman hatte seine Sympathie für die Eingliederung der Emirate-Metropole ja auch mit politischen Motiven erklärt. Man würde immerhin Sportler und Fanlager aus dem arabischen Raum und Israel zusammenführen – Maccabi Tel Aviv ist ja schon lange festes Mitglied des europäischen Basketball-Zirkels.
Aber natürlich geht es, leicht zu erraten, vor allem um das liebe Geld. Kolportiert wird, dass der Deal der Euroleague insgesamt rund 150 Millionen Euro in die Kassen spülen würde. Es wäre für die zweitbeste Liga der Welt eine durchaus stattliche neue Dimension.
Andrea Trinchieri indes muss sich mit solchen Fragen nicht befassen. Den Bayern-Trainer zog es nach getaner Arbeit schnell in die Münchner Nacht. Denn die fiel diesmal kurz aus – schon am frühen Mittwochmorgen machte sich der Münchner Tross wieder auf Reisen. An diesem Donnerstagabend (20 Uhr) wartet die knifflige Aufgabe bei Spitzenreiter Olympiakos Piräus. PATRICK REICHELT