Auf der Suche nach dem Gefühl von 2018

von Redaktion

Hälfte des Münchner Kaders hat noch nicht erlebt, wie es ist, eine Meisterschaft zu gewinnen

VON GÜNTER KLEIN

München – Die komplette nächste Saison wird der EHC München noch hier verbringen, frühestens zur Spielzeit 2024/25 geht es hinüber in den derzeit im Bau befindlichen SAP Garden. Es könnte sich also noch rentieren, die alte Olympia-Eishalle am Oberwiesenfeld, eröffnet 1967, ein wenig auszuschmücken. Sie weist eine Dysbalance aus: Zur einen Seite des mittigen Videowürfels sind zwei Meisterschaftsbanner des Mieters EHC München angebracht, auf der anderen nur eines. 2016, 2017 – 2018 und demnächst 2023? Am Mittwoch (19.30 Uhr) beginnt mit dem ersten Heimspiel in der Viertelfinalserie gegen die Fischtown Pinguins der Anlauf auf den vierten Titel.

Daryl Boyle, seit Kurzem 36, spielt im neunten Jahr für München, der Deutschkanadier, Mitglied des Olympia-Silber-Teams, ist zum Rekordmann geworden. „Das Gefühl der letzten Meisterschaft trage ich noch in mir“, blickt er zurück – und voraus: „Ich will es jetzt wieder erleben.“ Er rechnet sich zum „Kern der Mannschaft, der über die Jahre entstanden ist und weiß, was zu tun ist, um es zu Champion-Ehren zu bringen. Doch die Hälfte des Kaders hat das noch nicht erleben dürfen, sogar Yasin Ehliz, der von der Deutschen Eishockey Liga (DEL) gerade zum Spieler des Jahres gekürt wurde. Oder Top-Torjäger Austin Ortega. Der saß am Montag auf seinem Platz in der Kabine und sagte: „Ich habe überhaupt noch nie etwas gewonnen.“ Die neben ihm platzierten Patrick Hager (Meister mit Ingolstadt 2014 und München 2018) und Ben Smith (Gewinner von Stanley und Calder Cup, den großen Trophäen in Nordamerika, zweimaliger Universitäts-Meister und DEL-Champion 2019 mit Mannheim) amüsieren sich.

Smith erklärt, was das Schöne an einem Meisterschaftserlebnis ist: „Man steckt als Gruppe acht, neun Monate zusammen, da ist ein Titel ein schöner Abschluss; und er knüpft ein Band, das für immer bleibt.“ Smith führt die Sturmreihe mit Ehliz und Ortega an, die unter lauter guten Münchner Ensembles das produktivste ist. Ehliz hat auf der DEL-Gala Lobreden auf seine beiden Nebenleute geschwungen, was diese gerne vernommen haben. „Wir konnten eine Chemie aufbauen“, meint Ortega. Für Smith ist das Merkmal des Trios, „dass jeder etwas anderes einbringt: Yasin ist der Allrounder, er gewinnt Zweikämpfe, du weißt, dass du mit ihm oft den Puck hast.“ Ortega sei „der Spieler mit dem besten Abschluss, den ich erlebt habe. Ich spiele ihm einfach nur die Scheibe zu und schaue, dass ich ihm und Yasin nicht im Weg stehe.“

Es wird viel gescherzt, bevor es losgeht. Dass der EHC als souveräner Hauptrundensieger Favorit ist gegen den Achten versteht sich. Schon 2017 und 18, in den Meisterjahren, traf man auf Bremerhaven im Viertelfinale, gewann die Serien 4:0 und 4:1. Der EHC spielte seine logistischen Vorteile dank klar höheren Budgets aus. Die Münchner flogen hin und her, die Norddeutschen pendelten mit dem Bus. EHC-Sportchef Christian Winkler: „Wir werden unsere Erfolgsformel beibehalten. Wir fliegen.“

Allerdings: Unter der Saison gingen zwei von vier Begegnungen mit Bremerhaven verloren, der Gegner hat einen herausragenden Torhüter – den Tölzer Maxi Franzreb –, eine routinierte erste Angriffsreihe mit den Slowenen Jan Urbas, Ziga Jeglic und Miha Verlic. Seit dem letzten Aufeinandertreffen ist noch Jake Virtanen dazugekommen, der erst 27 ist und vor zwei Jahren noch für die Vancouver Canucks stürmte. Bei Bremerhavens Pre-Playoff-Siegen gegen Nürnberg hatte er gute Szenen. Auf Virtanen, meint Daryl Boyle, müsse man achten – „aber wenn wir unser Spiel durchziehen, werden wir abliefern“.

Artikel 8 von 11