Nagelsmanns Rauswurf

Hart, aber konsequent

von Redaktion

MANUEL BONKE

Es gab eine Szene in Leverkusen, die den Verantwortlichen des FC Bayern nachhaltig in Erinnerung geblieben ist: Nach der erschreckend schwachen Anfangs-Viertelstunde beorderte Julian Nagelsmann Mittelfeldspieler Leon Goretzka zu sich und gab ihm taktische Anweisungen. Fatalerweise konnte die Mannschaft recht wenig mit dieser Umstellung anfangen und es herrschte Unruhe auf dem Platz. Also bat der Trainer wenig später Joshua Kimmich in die Coaching-Zone und erläuterte auch ihm seine Pläne – mit mäßigem Erfolg. Die Verunsicherung der Spieler war spürbar, darüber konnte auch der überraschende Führungstreffer nicht hinwegtäuschen.

Am Ende stand die 1:2-Pleite der Münchner und der Entschluss der Chefetage um CEO Oliver Kahn, Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Präsident Herbert Hainer: Die Tage von Nagelsmann an der Säbener Straße sind gezählt. Eine harte, aber konsequente Entscheidung, die der Club-Führung nicht leicht fiel. Immerhin war Nagelsmann der erste Trainer, den Kahn, Salihamidzic und Hainer nach dem Rückzug von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge alleine bestimmten. Im eitlen München fällt es schwerer, sich Fehler bei wegweisenden Entscheidungen einzugestehen.

Der Landsberger kam mit Vorschusslorbeeren und wurde pompös mit einem Fünfjahres-Vertrag ausgestattet. Im Nachhinein ist klar: Ein Dreijahres-Vertrag hätte es auch getan und dem Club viel Geld gespart. Die Botschaft dahinter war aber deutlich: Nagelsmann sollte eine Ära in München prägen. Allerdings nicht um jeden Preis, wie im Nachhinein klar ist. Der sportliche Erfolg in der Gegenwart ist den Entscheidungsträgern des deutschen Rekordmeisters eben doch wichtiger als rosige Zukunftsaussichten.

Das bekommt der junge Fußballlehrer nun zu spüren. Auch deshalb, weil mit Thomas Tuchel ein Nachfolger schon mit den Hufen scharrt. Und an dieser Stelle wird es für die Bewertung der Arbeit der Bosse interessant – allen voran für Sportvorstand Salihamidzic: Bleibt Tuchel hinter den Erwartungen zurück, wird ihm der Nagelsmann-Rauswurf als Schnellschuss angelastet und auch seine Arbeit hinterfragt werden. Ist Tuchel erfolgreich, wird Brazzo für seine Weitsicht gefeiert werden. Die rote Bayern-Welt ist mal wieder schwarz oder weiß.

manuel.bonke@ovb.net

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