München – Roberto „El Chorri“ Palacios (50/128 Länderspiele) ist in Peru eine Legende. Der ehemalige Mittelfeldspieler ist Rekordnationalspieler des Landes. Im Interview mit unserer Zeitung vor dem Spiel an diesem Samstag spricht er über seine Heimat, Claudio Pizarro und Respekt vor den Deutschen.
Señor Palacios, die deutsche Nationalmannschaft hat eine sehr schlechte WM gespielt. Hat Peru überhaupt Angst vor der Mannschaft von Hansi Flick?
Deutschland hat bei der Weltmeisterschaft enttäuscht, denke ich. Wenn sie gekämpft hätten, hätten sie durchaus Weltmeister werden können. Bei den letzten beiden Weltmeisterschaften haben sie dieses Selbstverständnis vermissen lassen. Trotzdem wissen wir, dass Deutschland eine der besten Mannschaften der Welt ist. Und klar ist auch, dass es ein schwieriges Spiel für Peru werden wird. Aber ebenso eine schöne Herausforderung für uns, um die südamerikanischen Qualitäten und Fähigkeiten als Südamerikaner unter Beweis stellen zu können. Aber unseren Respekt werden wir immer beibehalten. Wir wissen, wer Deutschland ist.
Deutschland verzichtet derzeit zum Beispiel freiwillig auf Thomas Müller, Ilkay Gündogan und Leroy Sané. Ein Vorteil für Peru?
Ich bin sicher, dass die Jungs, die stattdessen einberufen wurden, den gleichen Ehrgeiz und den gleichen Willen haben, sich auch international einen Namen machen zu können. Für uns bedeutet das nichts. Wir fühlen uns jetzt nicht als Gewinner, weil diese Spieler nicht dabei sind. Ganz im Gegenteil. Peru hat Respekt vor der Qualität der deutschen Spieler. Es kommen immer wieder neue gute Profis nach. Ich bin sicher, dass die Spieler, die spielen, dem Trainer, ihrem Land und der Welt zeigen wollen, dass sie sich einen Platz in der Mannschaft erkämpfen können. Wir werden also nicht selbstgefällig auftreten. Aber: Peru hat keine Angst.
Vor welchem deutschen Spieler hat Peru den größten Respekt?
Alle sind wichtig, haben Qualität und Professionalität. Das hat man bei allen deutschen Nationalmannschaften gemerkt. Wir respektieren alle Spieler, es gibt keinen, über den wir sagen: „Wow. Vor dem müssen wir uns besonders in Acht nehmen.“ Wir müssen auf alle deutschen Spieler aufpassen.
Ist in Peru ein neuer Claudio Pizarro in Sicht?
Die Wahrheit ist: Nein. Seine Eigenschaften, seine Art zu spielen … Wir sind aber auf der Suche, klar. Aber nicht nur nach einem Claudio Pizarro, sondern auch nach einem Paolo Guerrero. Sie waren wichtige Stürmer in unserer Nationalmannschaft.
In Deutschland haben vor allem die beiden einen bleibenden Eindruck des peruanischen Fußballs hinterlassen.
Was Claudio als auch Pablo in der Bundesliga geleistet haben, macht uns alle sehr stolz. Claudio, der seine Karriere bereits beendet hat, hat uns viel Freude bereitet und Peru als Fußballer und Mensch hochleben lassen. Dafür sind wir sehr, sehr dankbar. Er ist für uns quasi ein Wahrzeichen. Wir lieben Claudio und respektieren ihn sehr. Wir sind sehr stolz auf all die Erfolge, die er erreicht hat. Ihm wünsche ich nur das Beste der Welt in seinem neuen Lebensabschnitt.
Und Guerrero?
Auch Paolo hat gezeigt, dass er ein großartiger Fußballer ist. Er hat uns Talent, Tore und Fähigkeiten geschenkt. Er hat uns 2018 zur WM geführt. Er hat bereits eine tolle Karriere hinter sich, aber er spielt noch immer in Argentinien. Wenn man ein gewisses Alter erreicht, baut man etwas ab. Aber er hat seine Qualitäten noch nicht verloren. Ich hoffe, er genießt weiterhin, was Gott ihm erlaubt hat zu tun. Ich kenne ihn, seitdem er sehr jung ist. Paolo ist eine sehr ehrliche Person, er steht seiner Familie sehr nahe. Ich bin sicher, er wird seine Karriere in den kommenden Jahren in Würde beenden – und ich wünsche ihm, dass er dann durch das große Tor geht.
Zum Schluss: Woher kommt eigentlich Ihr Spitzname „Chorri“ – und was bedeutet er?
In Lima gibt es einen Stadtbezirk, der Chorrillos heißt. Es ist quasi ein ein Fischerdorf mit einem kleinen Strand, gutem Fisch und viel Sport. Als ich angefangen habe, Fußball zu spielen, kannten ein paar Jungs meinen Namen nicht und haben mich deshalb Chorrillano gerufen. Der Name blieb mir.
Interview: Philipp Kessler