München – Julian Nagelsmann ist in München Geschichte – das liegt auch daran, dass mit Thomas Tuchel sofort ein namhafter Nachfolger zur Verfügung stand. Doch die Zeit drängte, denn der 49-Jährige wurde auch von anderen Klubs wie Tottenham Hotspur oder Paris Saint-Germain umgarnt. Ebenso wurde er mit Real Madrid in Verbindung gebracht. Dem Vernehmen nach soll es bereits seit mehreren Wochen regelmäßigen Kontakt zwischen Bayern und Tuchel gegeben haben. Nach dem Spiel in Leverkusen wurde dieser intensiviert – und es ging plötzlich ganz schnell.
Bereits am Donnerstag wurden die letzten Vertragsdetails geklärt, im Laufe des Freitags war der Trainer-Deal dann fix. Pikant: Mit Pini Zahavi, den Uli Hoeneß einst als geldgierigen Piranha bezeichnete, fädelte ein altbekanntes Gesicht den Deal mit ein. In München führte Tuchel-Berater und Jurist Dr. Olaf Meinking die Gespräche. Aber was erhoffen sich die Entscheidungsträger an der Säbener Straße von Tuchel? Die Bayern-Bosse sind überzeugt, dass der gebürtige Schwabe in der Lage ist, den Kader der Münchner erfolgreich zu moderieren. Immerhin hatte Tuchel zu PSG-Zeiten mit Superstars wie Neymar oder Kylian Mbappé zu tun. Er gewann mit ihnen zweimal die französische Meisterschaft, schaffte es mit Paris im Sommer 2020 bis ins Champions-League-Finale – und scheiterte dort erst am FC Bayern.
Nachdem er dort im darauffolgenden Dezember entlassen wurde, schloss er sich einen Monat später dem FC Chelsea an – und gewann mit den Blues auf Anhieb die Königsklasse.
Was aus Sicht der sportlichen Leitung des FC Bayern noch wichtiger ist: Tuchel soll nach Informationen unserer Zeitung wieder für Ordnung in der Kabine sorgen – und einigen Spielern die Disziplinlosigkeit der vergangenen Wochen austreiben. Die Reise von Serge Gnabry zur Fashion Week nach Paris und das häufige Zuspätkommen von Leroy Sané stieß Sportvorstand Hasan Salihamidzic bekanntlich sauer auf. Tuchel sind Grundtugenden wie Pünktlichkeit und Disziplin wichtig. Gleiches gilt für die Einstellung zum Training. „Wenn wir arbeiten und auf dem Platz sind, müssen alle zu 100 Prozent da sein“, ist sein Credo. Schludrigkeiten bei Übungen treiben ihn zur Weißglut.
Nach seinem Aus bei Chelsea war Tuchels ursprünglicher Plan, jobtechnsich in England zu bleiben oder zu einem anderen großen Club zu wechseln. Als er vom Interesse aus München hörte, verwarf er diese Pläne allerdings recht schnell – auch, weil seine beiden Töchter in München leben. Noch am Mittwoch war er am Oberanger am Viktualienmarkt unterwegs, am heutigen Samstag wird er beim FC Bayern vorgestellt.
Wie die „L’Equipe“ berichtet, steht auch schon fest, welche Assistenten Tuchel mitbringt: Dabei handelt es sich um Zsolt Löw und Arno Michels. Löw war bereits bei PSG und beim FC Chelsea Co-Trainer von Tuchel, wohingegen Michels sogar schon zu Mainzer und Dortmunder Zeiten an der Seite des neuen Bayern-Coaches stand und diesem bisher zu jeder Station folgte. Das bedeutet: Für die teuer eingekauften Nagelsmann-Assistenten Dino Toppmöller, Xaver Zembrod und Video-Analyst Benjamin Glück ist ebenfalls Schluss.
Brisant: Tuchel soll auch seinen Fitness-Coach Rainer Schrey mitbringen, mit dem er ebenfalls schon in Mainz, Dortmund und Paris arbeitete. Fraglich ist, ob angesichts dieser Konstellation noch Platz für den aktuellen Fitnesschef Prof. Dr. Holger Broich bleibt. Es ist mal wieder ein munteres Stühlerücken bei den Bayern zu erwarten.