Löwen zerlegen ihren alten Rivalen

von Redaktion

3:1 beim FC Ingolstadt, der noch tiefer in die Krise schlittert – Ex-FCI-Held Lex mit Doppelpack

VON ULI KELLNER

Ingolstadt – Zehn Minuten vor Schluss wurde es noch einmal hektisch vor der Bank des TSV 1860: Erst humpelte Leandro Morgalla vom Platz, bereit ausgewechselt zu werden. Dann jedoch ging auch Jesper Verlaat zu Boden, hielt sich den Kopf und bekam einen blauen Verband angelegt. Zum Ärger von 1860-Coach Maurizio Jacobacci ließ Schiedsrichter Cortus weiterspielen, als die Löwen vorübergehend zu neunt waren. Dann jedoch: Spielunterbrechung. 1860 konnte zwei frische Kräfte bringen. Die Zeit lief durch die Aufregung gegen den FC Ingolstadt, der allerdings nicht die Form hatte, die gestern bärenstarken Löwen noch einmal in Bedrängnis zu bringen. 3:1 (2:1) siegten die Gäste am Ende und Jacobacci stellte zufrieden fest: „Es war heute fast ein perfektes Spiel von uns.“.

Ehrfurchtsvoll hatte der Löwen-Trainer am Sonntag vor der Hünenhaftigkeit des Ingolstädter Teams gewarnt. „Es hat Zentimeter“, sagte der Italiener, der Selbiges – Körpergröße – bei seiner zuletzt aufgebotenen Mannschaft vermisste. Eine Selbstverständlichkeit daher, dass Morgalla (1,86 m) nach seinen Einsätzen für die deutsche U 19 in die Startelf zurückkehrte. Für den kampfstarken Junglöwen rückte Yannick Deichmann vor auf die Sechs, wo er dem gleich langen Marius Wörl (1,78 m) als Stabilisator im Mittelfeld assistierte. Rausrotiert ist Quirin Moll (1,83 m), der zuletzt wieder eine feste Größe war. Längengewinn bei dieser Rochade: 3 Zentimeter.

Morgalla bekam auch gleich die berüchtigte Körperlichkeit der Ingolstädter Mannschaft zu spüren, allerdings in Bodennähe. Wenige Meter neben dem FCI-Strafraum holte Tobias Schröck den auch gestern hoch motivierten Rechtsverteidiger von den Beinen, sah zurecht Gelb dafür. Die Richtung war also vom Anpfiff weg vorgegeben: Kampf war Trumpf wie in jedem oberbayerischen Derby. Fußballerisch gaben jedoch die Löwen den Ton an. Wie in einem Heimspiel schnürten sie die Schanzer in deren eigenen Hälfte fest – diesmal sogar mit der zuletzt vermissten Zielstrebigkeit in Richtung gegnerisches Tor.

Besonders heimisch schien sich Stefan Lex zu fühlen, der frühere Ingolstädter. Dass bereits nach 34 Minuten eine 2:0-Führung für die Gäste auf der Anzeigetafel leuchtete, könnte mit der Ortskenntnis des Eittingers im Audi-Sportpark zu tun haben. Bemerkenswert: Beide Angriffe, die Lex veredelte, waren einem ähnlichen (einstudierten) Strickmuster gefolgt. Vor dem 0:1 setzte sich Joseph Boyamba über links durch und legte den Ball von der Grundlinie zurück; vor dem 0:2 spielte sich dasselbe Spielchen über rechts ab – mit Deichmann als Vorbereiter. „Wir wollen wissen, wo wir stehen“, hatte Jacobacci am Vortag gesagt. Die Antwort nach den ersten 45 Minuten lautete: näher am Auftritt von Aue (3:1) als an der anfangs desolaten Vorstellung beim 1:4 gegen Dortmund II.

Mit dominanten Löwen ging es auch nach dem Seitenwechsel weiter. Ingolstadt hatte zweimal gewechselt und taktisch was verändert – alles vergeblich. Spätestens als Marcel Bär in der 49. Minute auf 0:3 stellte (erneut nach Boyamba-Vorarbeit), war das gestern einseitige Derby entschieden. Daran änderte auch der Anschlusstreffer nichts, den die 1860-Deckung FCI-Joker Testroet in der 73. Minute gestattete.

Der Rest war ein Genuss für die 4000 mitgereisten Löwen-Fans. So oft hatte Ingolstadt zuletzt für Frust aufseiten der Münchner gesorgt – gestern lief es umgekehrt. Die Löwen scheinen unter Jacobacci auf dem Weg der Besserung zu sein, zeigten gestern ihre beste Saisonleistung. Ingolstadt dagegen blickt schweren Zeiten entgegen: nur ein Sieg aus den letzten zehn Spielen. Insider gehen davon aus, dass Trainer Capretti gestern das letzte Mal im Audi-Sportpark an der Linie gestanden ist.

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