Ein Münchner träumt von der NFL

von Redaktion

FOOTBALL 140 Kilo, 2,01 m: Kilian Zierer hat am College überzeugt und hofft nun auf den Draft

VON NICO-MARIUS SCHMITZ

München – Kilian Zierer hat es sich gemütlich gemacht. Die Sonne scheint in Auburn, 25 Grad, so lässt es sich im Garten aushalten. Zierer grinst in die Videoschalte Richtung München. Freundin Sarah, die praktischerweise Kochwissenschaften studiert, hat gerade Essen vorbeigebracht. „Ich bin hier ganz gut versorgt“, lacht Zierer.

Füße hochlegen, das ist mehr als verdient nach einer starken Football-Saison am College. Und nur wenige Tage vor dem traditionellen Draft, bei dem die besten Nachwuchsspieler von den NFL-Teams ausgewählt werden. In der Nacht auf Freitag steigt die erste Runde, ab Samstag werden in den Runden zwei bis drei und vier bis sieben die restlichen Talente aufgeteilt. Amerikanische Draft-Experten rechnen Zierer gute Chancen aus, dass eine Franchise zuschlägt.

„Ich habe da leider ein paar mehr Insider-Informationen. Natürlich wäre es cool, ausgewählt zu werden. Aber aktuell ist das noch unwahrscheinlich. Mein Agent und ich rechnen aber auf jeden Fall damit, dass sich nach dem Draft ein paar Teams bei mir melden werden“, sagt er unserer Zeitung. Denn auch ohne Ziehung bei der Talentlotterie kann man es in die NFL schaffen.

Der gebürtige Münchner spielte seine ganze Kindheit Fußball. Bis er im Alter von 15 Jahren während eines Amerika-Urlaubs eine Partie der New England Patriots gegen die Pittsburgh Steelers sah – und anschließend vom Football fasziniert war. Zierer erinnert sich an sein erstes Probetraining bei den Munich Cowboys. „Da waren Receiver, die vielleicht 50 Kilogramm gewogen haben. Und dann die schweren Kerle mit 150 Kilo. Football ist der ultimative Teamsport, alle sehen unterschiedlich aus und müssen perfekt zusammenarbeiten.“

Zierer gehört eher zur robusteren Kategorie. 2,01 m und „140 Kilo plus“, wie er sagt. Mit der U19 der Allgäu Comets wurde Zierer bayerischer Jugendmeister, anschließend wagte er den Sprung an ein Junior College in Amerika. Mit Unterstützung von Max Spitz, Coach bei den Munich Cowboys, und Ex-NFL-Spieler Björn Werner. Gewagt, gewonnen. Der Offensive Tackle bekam mehrere Stipendien angeboten, entschied sich schließlich für die Auburn Tigers.

„Im ersten Jahr habe ich keinen einzigen Snap gespielt. Ich war nur die Nummer fünf auf meiner Position. An dieses Tempo und die Athletik musst du dich erst mal gewöhnen.“ Aber Zierer blieb geduldig, war immer da, wenn das Team ihn brauchte. Letztes Jahr gelang ihm der Durchbruch als Starter. „Das ist so eine krasse Atmosphäre. Es ist unbeschreiblich, wenn du ins Stadion reinläufst. Und es macht richtig Spaß, wenn du dann mal den Gegner schön Richtung Seitenlinie sendest. Aber du musst dich sofort wieder auf den nächsten Spielzug konzentrieren.“ Ins Stadion der Auburn Tigers passen 87 000 Fans. Beim Auswärtsspiel bei Texas A&M lief Zierer vor 109 000 Menschen auf. „Da hast du nach oben geschaut und die Ränge haben gar nicht mehr aufgehört.“

Der 23-Jährige hat einen Bachelor in Bewegungswissenschaften, einen Master in Gesundheitsmanagement. Und zuletzt endlich einen vernünftigen Bäcker entdeckt. „Das Brot hier im Supermarkt ist leider ein absoluter Witz. Nach fünf Jahren vermisst du deutsche Lebensmittel schon ziemlich.“

Für den Traum von der NFL würde es Zierer aber auch noch ein paar Jahre länger ohne deutsche Lebensmittel aushalten. Spätestens ab den hinteren Runden werde er beim Draft alles verfolgen. „Vorher ist es vermutlich zu frustrierend, wenn du die ganze Zeit auf deinen Namen wartest. Mein Handy wird jedenfalls auf laut sein.“

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