München/Saarbrücken – Zur zweiten Spielhälfte wurde im Ludwigspark ein 1860-Talent mit dem Namen Mansour Ouro-Tagba eingewechselt, halb so alt wie ein gewisser Sascha Mölders, der im Saarland fünf Jahre zuvor Angst und Schrecken verbreitet hatte. Der junge Mann, Kapitän der vereinseigenen U 19, machte seine Sache nicht schlecht, haute sich bei seinem Profidebüt ordentlich rein, konnte aber nicht verhindern, dass die Drittliga-Löwen zum 13. Mal in dieser Saison geschlagen vom Platz marschierten.
Mit 2:0 (2:0) siegte die Saarbrücker Ex-Löwen-Filiale um Richard Neudecker und Antonio Grimaldi. Ein passendes Geburtstagsgeschenk für die Gastgeber (1903 gegründet), die sich als „größter, schönster Fußballclub der Welt“ inszenierten – eine Selbstwahrnehmung, die auch dem Rivalen von der Isar nicht fremd ist. Jedoch: Die Löwen, in der Aufstiegsrelegation 2018 noch glückliche Sieger, sind aktuell weit davon entfernt, ein bedeutender Club in der Fußballwelt der 3. Liga zu sein. Schlagzeilen hatten sie zuletzt zwar länderübergreifend geschrieben – allerdings wegen eines Vorfalls, der den „Blauen“ aus dem Münchner Partyviertel Giesing nicht zur Ehre gereicht.
Drei 1860-Profis waren im Vorfeld der Partie auffällig geworden, weil sie zwischen den Trainingseinheiten keine Fitnessdrinks, sondern Spirituosen konsumiert haben sollen. Die Namen des sündigen Trios hielt der Verein geheim, und am liebsten hätte Sportchef Günther Gorenzel im Interview mit MagentaSport das Thema schnell wieder gewechselt. „Wie uns die Causa bekannt wurde, haben wir sofort mit unmissverständlichen Maßnahmen und Ansagen an die gesamte Mannschaft reagiert“, sagte der Sportchef ins rosarote Mikrofon: „Mehr möchte ich dazu nicht mehr sagen.“ Mehr als vielsagend war dann allerdings die Kadernominierung von Maurizio Jacobacci.
Nach Angaben des Trainers hatte sich Albion Vrenezi mit Oberschenkelproblemen zur Gruppe der Langzeitverletzten Tallig, Rieder und Willsch gesellt. So stand das auch auf der Vereinshomepage – erweitert um einen Hinweis, der nur notdürftig etwas verschleierte. Wörtlich stand da: „Nicht im 20er-Kader standen der dritte Torhüter Julius Schmid, Alexander Freitag, Marcel Bär, Daniel Wein, Devin Sür, Nathan Wicht, Raphael Holzhauser und Joseph Boyamba.“ Aus diesem Kreis die Namen der mutmaßlich betroffenen Spieler herauszudestillieren, dürfte den Fans mehr Kurzweil bereitet haben als der mäßig beschwingte „Kick in den Mai“ der ohne Bär, Boyamba und Holzhauser angetretenen 1860-Elf.
Wie so häufig in letzter Zeit klagte Jacobacci hinterher über „sehr naiv“ kassierte Gegentore. Beim 1:0 nach 24 Minuten hielt Julian Günther Schmidt seinen Turban in eine Flanke, den er nach einem Zusammenprall mit Philipp Steinhart trug. Chris Lannert, für Steinhart eingewechselt, sorgte für eine einladende Lücke links hinten. Auch beim 2:0 zehn Minuten später war die Unordnung in der Löwen-Deckung groß. Zunächst hatte Hiller noch einen Freistoß seines Spezls Neudecker über die Latte gelenkt. Beim nachfolgenden Eckball legte dann Deichmann für Gaus auf – und auch Wörl auf der Linie konnte nichts mehr retten. „Am Ende ist es verdient gewesen, wie wir verloren haben“, klagte Yannick Deichmann, der vor der Kamera nichts zu seinem Vertragspoker mit 1860 sagen wollte.
Wie das Team wohl nächste Saison aussehen wird? Mit Blick auf das schrumpfende Budget droht eine Zwangsverjüngung. Steht Mölders für die Vergangenheit und Bär für die Gegenwart, könnte die Zukunft jungen Talenten wie Ouro-Tagba gehören. Gut vorstellbar zudem, dass die Reise ins Saarland nächstes Jahr ausfällt. Der unterlegene Relegationsgegner von 2018 steht vor dem nächsten Aufstieg, die Löwen gehen ins sechste Jahr 3. Liga – ein ernüchternder Ist-Zustand.