„Ich habe ein Gespür für den Club“

von Redaktion

Rückkehrer Toni Söderholm ist neuer Trainer beim EHC München – im Interview erklärt er seine Pläne

München – Wie erwartet: Toni Söderholm (45) ist nun auch offiziell der neue Trainer beim EHC München. Ein erstes Gespräch mit dem Finnen, der am „Tag der Arbeit“ auch schon anfing.

Toni, zum zweiten Mal treten Sie die Nachfolge eines Trainers an, der Historisches erreicht hat. Beim Nationalteam kamen Sie 2018 nach Silberschmied Marco Sturm, in München sind Sie der neue Trainer nach neun Jahren unter Meistermacher Don Jackson. Wie geht man eine solche Aufgabe an, um nicht zu scheitern?

Scheitern – also, daran denkt man gar nicht, sondern daran, etwas weiterzuentwickeln. Egal, wie die Ausgangslage ist: Man muss Dinge immer auch infrage stellen, aber nicht alles. Man erstellt eine kleine Analyse, das dauert gar nicht lange: Was ist das Positive, das man vorfindet? Nämlich: Wir haben Erfolg erlebt und eine charakterlich sehr gute Mannschaft und Spieler, die in Europa top sein wollen. Dann müssen wir schauen, dass sich unser Alltag nicht nur darum dreht, was wir machen, sondern wie wir es tun. Im Sport an der Weltspitze ist das Wie wichtig.

Bei Red Bull will man sich weiter am Spielsystem orientieren, das Jackson implementiert hat. Ist das in Ihrem Sinne, wenn Sie doch eine Weiterentwicklung anstreben?

Wir werden, was normal ist, auch etwas ändern, aber sicher nicht alles. Die Gefahr, wenn du Erfolg gelebt hast, ist, dass du stur in der Spur bleibst. Eishockey wird nicht stillstehen. Von den 14 Mannschaften in der DEL kommen vier aus der Saison, die sagen, dass das Jahr gut war. Die zehn Enttäuschten werden nicht im Bett liegen bleiben.

Wen erwarten Sie als Rivalen für kommende Saison?

Man sollte im Mai mit allen rechnen und den eigenen Grundstein legen. Das heißt, top motiviert die Off-ice-Zeit angehen.

Der EHC München hat sich seit Ihrer Zeit in der Organisation als Spieler (2015/16) und im Trainerstab (2016 bis 18) verändert. Zusammengespielt haben Sie nur noch mit Konrad Abeltshauser und den damals jungen Maxi Kastner und Andi Eder. Ist es also eine doch ziemlich neue Mannschaft für Sie?

Relativ, aber mit vielen habe ich schon beim DEB zusammengearbeitet. Mehr als die Hälfte des Kaders kenne ich, genauso ist es beim Staff. Weil mein Arbeitsmittelpunkt während der DEB-Zeit in München lag und ich oft bei Spielen des EHC war, ist der Kontakt geblieben. Ich glaube, ich habe ein Gespür für den Club.

Einige der Neuzugänge kennen Sie aus der Nationalmannschaft. Wunschspieler?

Über Neuzugänge können wir sprechen, wenn der Club sie bekanntgegeben hat. Aber grundsätzlich gilt: Über Spieler habe ich mich als Bundestrainer in der Vergangenheit immer mit den sportlichen Leitern offen ausgetauscht. Weil sie, die täglich mit ihnen arbeiten, vielleicht einen anderen Eindruck haben als ich.

Mit Steve Walker ist ein Co-Trainer gegangen. Bringen Sie einen neuen zum EHC mit?

Wir werden die Stelle neu besetzen und befinden uns in Gesprächen.

Wie laufen die kommenden Tage ab?

Ich werde in München sein und die Importspieler treffen, bevor sie nach Hause fliegen. Bei der WM werde ich zu einigen Spielen hoch nach Tampere fahren.

Die neue Halle in München wächst heran. Waren Sie schon auf der Baustelle?

Ja, ich war vor Olympia 2022 zum ersten Mal da und im August oder September vergangenen Jahres. Es war in Verbindung mit meinem Vereinsbesuch in München. Schaut top aus.

Die abgelaufene Saison war eine sehr bewegte für Sie. Im November gaben Sie das Bundestrainer-Amt auf, wechselten zum SC Bern, weil Sie darin eine große Chance sahen. Bern blieb aber eine Episode. Was lernen Sie aus dieser Etappe Ihrer Karriere mit dem Aus im Viertelfinale der Schweizer Meisterschaft?

Man muss vorsichtig sein, das aus der Ferne zu analysieren. Wir mussten einige Wahrheiten anerkennen: Verletzungen etwa. Oder dass wir im Januar in einer prekären Lage waren, als wir um die Playoff-Plätze kämpften. Über die Pre-Playoffs haben wir uns qualifiziert und hatten im Viertelfinale gegen den späteren Vizemeister Biel auch unsere Möglichkeiten. Es war nicht so, dass man überrollt worden wären. Aber man sah den Unterschied: Wir waren eine Mannschaft, die sich in die Playoffs kratzte, während unser Gegner immer an der Spitze gespielt hat und ein anderes Selbstvertrauen hatte. Es war eine intensive Zeit in einer sehr guten Liga. Und dadurch, dass wir uns zusammen durch ein kleines Loch gegraben haben, war die Zusammenarbeit auch gut.

Interview: Günter Klein

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