München – In Zeiten, die beim FC Bayern von Personal-Diskussionen auf höchster Ebene geprägt sind, wird rund um den deutschen Rekordmeister freilich auf jedes Detail geachtet. Nach dem 2:0 gegen Hertha BSC war in den Katakomben der Allianz Arena beispielsweise zu beobachten, dass Präsident Herbert Hainer gemeinsam mit Hasan Salihamidzic die Kabine aufsuchte und der Sportvorstand dem Vereinsoberhaupt in bester Gentleman-Manier die Tür aufhielt. CEO Oliver Kahn machte sich wenig später allein auf den Weg in Richtung Spielertrakt. Beim Verlassen des Stadions wählten Hainer und Salihamidzic die linke Seite der Mixed Zone, während Kahn den rechten Flügel bevorzugte. Demonstrieren Hainer und Salihamidzic also Geschlossenheit, während Kahn isoliert den Abgang macht?
Der Interpretationsspielraum ist groß dieser Tage in München. Den anschließenden Fragen im Hinblick auf die mit Spannung erwartete Aufsichtsratssitzung am 22. Mai stellte sich jeder der drei Protagonisten. Den Anfang machte Hainer, der betonte, dass der volle Fokus auf dem Gewinn der elften Deutschen Meisterschaft in Folge liege: „Ansonsten analysieren wir und debattieren wir über die Gesamtlage – intern und in aller Ruhe, sehr umsichtig, so wie man es vom FC Bayern auch gewohnt ist.“ Auf Nachfrage, ob auf Führungsebene denn schon personelle Entscheidungen für die kommende Saison getroffen wurden, antwortete der Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende: „Wir kümmern uns jetzt nur um das Sportliche, dass wir die elfte Deutsche Meisterschaft in Folge gewinnen.“
Diese Antwort gab im Hinblick auf Kahns Zukunft den bereits erwähnten Interpretationsspielraum. Da half es auch wenig, dass der CEO selbst die Frage, ob er denn nächste Saison noch Vorstandsvorsitzender sei, weglachte: „Selbstverständlich bin ich noch hier!“ Kahn habe schon einige Erfahrungen mit dem FC Bayern gemacht, auch als Spieler: „Ein sehr weiser Trainer hat mal gesagt: Wer beim FC Bayern einen Vertrag unterschreibt, der muss wissen, was er getan hat. Und genauso ist es.“
Der Vorstandschef kündigte an, dass bei besagter Aufsichtsratssitzung alle sehr kritisch miteinander umgehen werden: „Es ist ja nicht so, dass wir hier alles gut finden, was in den letzten Monaten passiert ist. Da gibt es sicherlich hier und da Gesprächsbedarf.“ Er hob die Stimme, als er ausführte: „Reflektion! Wo müssen wir uns verbessern, was können wir in Zukunft besser machen?“
Natürlich wird es viel um Kahn gehen, es wird aber auch die Arbeit von Sportvorstand Salihamidzic hinterfragt werden. Für den 46-Jährigen nichts Neues, bereits in der vergangenen Sommerpause wurde intensiv öffentlich über seine Position diskutiert. „Ich kann mit dieser Situation ganz gut umgehen. Ich versuche, meinen Job zu erledigen. Das habe ich auch in der Vergangenheit bereits getan.“ Salihamidzic betonte, dass er die Entscheidungen immer zum Wohle des FC Bayern treffe: „ Ich arbeite 24/7 und versuche in jeder Minute für den Verein da zu sein – für jeden Spieler, jedes Staff-Mitglied und jeden Mitarbeiter. Ich würde gerne Meister werden, ich würde die Jungs gerne auf dem Rathausbalkon sehen. Dafür tue ich alles, aber alles andere kann ich nicht beeinflussen.“
Das kann nur der Aufsichtsrat. Und dem steht Hainer vor. Ein Schulterschluss mit dem Präsidenten ist also keine schlechte Idee.