München – In den Schlussminuten in Oldenburg war zumindest bei einigen Bayern-Basketballern die Überzeugung gewachsen, dass das nicht alles gewesen sein konnte. Zumindest in diesem letzten Viertel legten die Münchner noch einmal einen Gang zu und hielten das sich anbahnende Debakel mit 76:88 zumindest noch in Grenzen. Co-Trainer Adriano Vertemati, der den auf Heimatbesuch befindlichen Andrea Trinchieri an der Seitenlinie vertrat, konnte sich dennoch nur wenig daran erwärmen. „Wir haben leider ohne echtes Feuer gespielt“, sagte er, „wir sollten stets unser Bestes geben, aber heute haben wir das nicht getan.“
Und es wird eine spannende Aufgabe für die nächste Woche, an dieser Schraube zu drehen. Am kommenden Dienstag beginnt gegen die BG Göttingen die K.o.-Phase der Saison. Und dann sind die Dinge anders als im letzten Monat, als sich die auf Platz drei zementierten Bayern dem Hauptrundenende entgegen experimentierten.
In Sportarten wie dem Basketball ist ein gerne benutztes Zauberwort der Rhythmus, den eine Mannschaft aufnehmen oder halten muss. Den Bayern bleibt nur die Hoffnung, ihn bis zum Viertelfinale wiederzufinden. Oder ihn spätestens in den Viertelfinals wieder aufzubauen. Um titeltauglich zu sein, wenn es gegen die großen Rivalen wie Alba Berlin geht.
Aber das könnte eine durchaus riskante Herangehensweise sein. Natürlich sind die Bayern trotz aller prominenten Ausfälle der Topfavorit in dieser Serie. Doch Göttingens Coach Roel Moors hat für diese Spielzeit mit überschaubaren Mitteln um das kongeniale Point-Guard-Duo Geno Crandall und Harald Frey ein funktionierendes Team zusammengezimmert, das vor allem in der hitzigen heimischen Arena schwer zu schlagen ist. Alba Berlin, das sonst nur gegen die Bayern und Bonn verlor, hat das erfahren. Und die Münchner zuletzt ja auch. Sollten Andi Obst und Kollegen also eines der beiden Heimspiele am 16. und 18. Mai liegen lassen, dann könnte schon diese Serie eine aufreibende werden.
Mehr Talent, mehr Athletik wird als Argument alleine nicht reichen, das ahnt auch Routinier Elias Harris: „Du musst in den Playoffs mit Intensität und Emotionen ins Spiel gehen“, sagte er. Und es wird die Frage sein: Wer nimmt das Heft in die Hand? Vladimir Lucic, normalerweise der unbestrittene Chef des Teams, schritt zum Beispiel im Pokalfinale voran und führte die Bayern zum ersten Titel. Othello Hunter tat es wiederholt in der Euroleague – die meisten Erfolgserlebnisse dieses Jahres in Europa tragen seinen Namen.
Genau die beiden hatte auch Trinchieri vor Saisonstart noch einmal zu seinen Köpfen erklärt („Sie sind die Anführer“). Aber beide sind nicht verfügbar und können nur in der Kabine und von der Bank Schützenhilfe geben. Und auf dem Feld? Andi Obst spielte zuletzt in Ausnahmeform, aber der Nationalspieler ist eher ein stiller Vertreter. Harris hat die Anführerrolle zumindest in Bamberg schon erfolgreich gespielt. Doch der Forward muss nach dreimonatiger Verletzungspause erst einmal vollends zu sich selbst finden. „Aber das dauert nach so einer langen Zeit halt ein paar Spiele“, sagte er.
Knifflige Fragen, auf die der wohl scheidende Trainer Andrea Trinchieri nun eine Antwort finden müssen wird. Rund eine Woche hat er dafür noch Zeit. Es könnte eine heiße Woche werden, wie Paul Zipser schon nach Spielende in Oldenburg ahnte. „Wir haben nur diese Zeit“, sagte er, „auf die wird es jetzt ankommen.“