Cesena – An echte Entspannung war am ersten Ruhetag des Giro d’Italia kaum zu denken. Zu stark wirkte das Beben nach, das den Radsport am späten Sonntagabend in Form einer unscheinbaren Pressemitteilung erschüttert hatte: Remco Evenepoel, der Weltmeister, Topfavorit und Gesamtführende der Rundfahrt, ist raus – ein positiver Coronatest wurde dem Belgier zum Verhängnis. Vor dem Beginn der zweiten Woche werden die Karten nun völlig neu gemischt.
„Es tut mir wirklich Leid, dass ich das Rennen verlasse. Ich habe einen Routinetest gemacht, der leider positiv war“, wurde Evenepoel von seinem Team Soudal-Quickstep zitiert. Die Achterbahnfahrt der Gefühle brachte er damit nüchtern auf den Punkt.
In einem denkbar engen Zeitfahren war der 23 Jahre alte Shootingstar zuvor zurück ins Rosa Trikot geflogen – nur um es wenige Stunden später kampflos wieder abzugeben. Der bereits neunte (!) Corona-Fall des Giro hat den bislang prägendsten Fahrer entscheidend ausgebremst. Und der Maskenpflicht zu einem Comeback verholfen. Die führten die Veranstalter des Giro nun nämlich wieder ein. „Angesichts der jüngsten Entwicklungen in Bezug auf die positiven Tests bei einigen Fahrern teilt die Leitung des Giro mit, dass in allen Kontaktbereichen das Tragen einer Maske verpflichtend sein wird“, hieß es in einer Mitteilung. Laut Renndirektor Mauro Vegni sei die Maßnahme zum Schutz der Giro-Teilnehmer ergriffen worden. Betroffen sind unter anderem die Bereiche um die Ziellinie, das Podium, die Mixed-Zone und der Parkplatz, auf dem die Teambusse stehen.
„Ich hatte mich wirklich auf die nächsten zwei Wochen gefreut“, sagte Evenepoel, der am Montag die Heimreise antrat und nun mitansehen muss, wie seine ehemaligen Kontrahenten um den Titel kämpfen. Zum Beispiel Ex-Tour-Sieger Geraint Thomas, der nach einer starken ersten Woche am Dienstag erstmals in Rosa an den Start in Scandiano rollt.
„Wir fühlen uns gut. Ich hoffe, dass wir unsere kollektive Stärke in den nächsten Wochen nutzen können“, sagte der Routinier (36) in Bezug auf sein Team Ineos Grenadiers, dem auch der neue Gesamtdritte und Sieger von 2020, Tao Geoghegan Hart, angehört.
Und Lennard Kämna? Man sei nicht in „Riesenpanik“. „Ich weiß nicht, ob wir noch irgendetwas groß verändern. Wir haben keine Angst vor Covid. Es ist so, wie es ist. Wir versuchen in unserer Bubble so clean wie möglich zu sein und wir versuchen natürlich, nicht krank zu werden“, sagte Kämna.
Nach einer ordentlichen ersten Woche liegt der Fokus beim Gesamtachten (+ 1:52 Minuten) hauptsächlich auf der eigenen Leistung. Es sei „eine große Veränderung“, erstmals aufs Gesamtklassement zu fahren und nicht mehr nur auf Etappensiege, so Kämna.
Die ganz großen Aufgaben im Hochgebirge lassen noch auf sich warten, wie Kämna weiß: „Wir wollen in den kommenden Tagen keine weitere Zeit verlieren. Und dann warten in der dritten Woche die Etappen, die das Gesamtklassement entscheiden.“