München – Das Stadion war noch weitgehend leer, als es erstmals emotional wurde auf dem Rasen. Sämtliche 1860-Profis des Waldhof-Kaders reihten sich vor der Haupttribüne auf, und dann traten sie nach vorne, die scheidenden Löwen: Kapitän Stefan Lex, Marius Willsch und Marcel Bär – bei diesem Trio stand die Trennung seit Wochen fest. Offiziell ist seit Freitag der Abschied von Quirin Moll, Joseph Boyamba, Daniel Wein und Semi Belkahia – auch sie bekamen von Sportchef Günther Gorenzel ein gerahmtes Erinnerungsfoto in die Hand gedrückt. Raphael Holzhauser, der wegen eines Trauerfalls fehlte, gehört ebenfalls zu den Ex-Löwen in spe – und einer, der sich im Hintergrund hielt, ebenso: Yannick Deichmann.
Nach Informationen unserer Zeitung hat der ligaweit umworbene Kämpfer den 1860-Bossen am Donnerstag mitgeteilt, dass er das Angebot des FC Ingolstadt annehmen wird. Sein Ex-Trainer Michael Köllner lockt – und auch eine Stange Geld. Deichmann quält sich seit Wochen mit seiner Entscheidung rum – am Ende siegte der Kopf über sein Herz. Es soll ein Wunsch des Spielers gewesen sein, den Abschied nicht auch gestern zu verkünden. Den Unmut der Fans hat der Musterprofi nicht verdient – er hätte auch den Rahmen getrübt beim letzten Giesinger Heimspiel dieser nur anfangs begeisterten Saison.
Am Freitag war die Stimmung noch einmal prächtig – weil die Abschiedslöwen kurzen Prozess mit einem SV Waldhof machten, der nur physisch angereist war – und völlig zurecht schon zur Pause mit drei Toren hinten lag. Mit 3:1 siegte 1860 am Ende – und versüßte den Fans mit leichtfüßig herausgespielten Toren die Aussicht auf eine sportlich ungewisse Zukunft. Einziger Schönheitsfleck war der strittige Handelfmeter, den Mannheims Bexter-Bahn in der 84. Minute verwandelte. „Ein großes Kompliment an die Mannschaft, die gezeigt hat: Sie lebt!“, sagte Trainer Maurizio Jacobacci. Trotzdem habe er ein „weinendes Auge“ angesichts der vielen Abschiede.
Allen voran Kapitän Lex holte noch mal alles aus sich heraus – und erzielte standesgemäß das erste Tor, das er mit einer Verbeugung vor der Westkurve feierte (16.). In Fynn Lakenmacher (38.) und Jesper Verlaat (42.) trugen sich auch zwei Spieler ein, die der blaue Anhang sehr wahrscheinlich nächste Saison wiedersehen wird. Auch Deichmann gab alles, um ein Abschiedstor zu hinterlassen, allerdings hatte der Pfosten zweimal etwas dagegen.
Der Abend klang harmonisch aus – weil Jacobacci ab der 88. Minute in den Emotionsmodus schaltete. Lex und Vorjahres-Torschützenkönig Bär wurden bei ihren Auswechslungen mit Sonderapplaus bedacht, eingewechselte Recken wie Marius Wilsch und Daniel Wein erhielten noch ein paar Abschiedsminütchen. „Ein bisschen Wehmut war dabei“, sagte Lex, als er von seiner letzten (langen) Ehrenrunde auf Giesings Höhen zurückkehrte: „Schön war’s trotzdem. Ich dachte, dass auch ein paar Tränen kommen werden, aber ich hab’s bisher gut zurückhalten können. Alles in allem war es ein gelungener Abend. Den lassen wir jetzt alle miteinander gut ausklingen.“
„Einmal Löwe, immer Löwe“, sangen die Fans – der Song, den auch die Stadionregie am Ende einspielte. Zuvor hatte das Team noch ein riesiges Plakat über den Platz getragen: „Danke Fans, Ihr seid löwenstark!“