München – Ein konzentrierter Blick, ein Zeigefinger an die Schläfe. So bejubelte Joshua Kimmich (28) sein Elfmetertor vergangenen Samstag beim 6:0 gegen Schalke. Der Bayern-Sechser will damit verdeutlichen, dass Spiele auch im Kopf entschieden werden. Ein wichtiger Fingerzeig im engen Meisterkampf – an die Dortmunder Konkurrenten und die eigenen Kollegen. Anführer Kimmich hat das Ruder in der Krise in die Hand genommen.
Einzelgespräche: Mit Serge Gnabry (27) verbringt er fast täglich privat Zeit. Auch die persönlich schwere Phase Gnabrys war Thema. Kimmich ist sein wichtigster Ansprechpartner, aber auch einer, der ihn kritisiert und versucht, ihn zu pushen. Während der heftigen Kritik an Gnabrys Paris-Tagestrip und der darauffolgenden Gerüchte, dass Bayern ihn im Sommer loswerden wollen würde, stand ihm Kimmich zur Seite und gab ihm Tipps, wie man solche Phasen überstehen kann. Sein Rat: durchbeißen, kämpfen und mit Leistung vorangehen.
Auch Leroy Sané (27) steht Kimmich als Freund und Teamkollege zur Seite. Als er 2021 von den eigenen Fans ausgebuht wurde, baute er ihn auf. Auch gegen Schalke trieb er ihn an – mit bewussten Gesten. Nach Toren und dem Spiel suchte Kimmich den Kontakt zu Sané, umarmte ihn und spielte kumpelhaft mit seinen Haaren.
Elfmeter-Verantwortung: Nach dem Abgang von Superstürmer Robert Lewandowski (34) war der Posten des Elfmeterschützen vakant. In der Hinrunde überließ Kimmich noch seinen Kollegen den Vortritt. Mittlerweile schnappt er sich stets die Kugel. Im Rückspiel gegen Manchester wollte Sadio Mané schießen – daraus wurde nichts. Generell nahm sich der Mittelfeldspieler vor der Saison vor, torgefährlicher zu werden. In der aktuellen Spielzeit traf er bereits sieben Mal. So oft wie zuletzt in der gesamten Triple-Saison 2019/2020.
Kommandos: Kimmich versucht, alle Kollegen mitzureißen. Bester Beweis: die Videoausschnitte aus dem Mannschaftstraining, die der FC Bayern vor wenigen Tagen unter dem Titel „Kimmich-Cam“ in den sozialen Netzwerken geteilt hatte. Die Kommandos des Ehrgeizlings, die zu hören sind, sind klar, bestimmt und durchwegs positiv. Es liegt in der Natur der Sache, dass er manchmal damit bei den Kollegen aneckt. Aber gerade im Saison-Finish, wo Beine und Köpfe müde sind, wird Höchstleistung gebracht.
Intern genießt Kimmich hohe Wertschätzung. Dass die Bosse einen neuen zweikampf- und spielstarken Sechser suchen, der ihm den Rücken freihält, wird als positives Zeichen gewertet. Schon unter Julian Nagelsmann (35) sollte Kimmich vermehrt offensiver agieren. Auch der neue Trainer Thomas Tuchel (49), mit dem er sich auch über taktische Inhalte austauscht, sieht die Stärken des Nationalspielers etwas weiter vorne. Problem bislang: Es gibt im Kader aktuell niemanden, der besser oder ähnlich gut den Spielaufbau organisieren kann.
pk, bok