München – Manager. So wurde Uli Hoeneß von den Mitarbeitern des FC Bayern intern stets genannt. Selbst nachdem der 71-Jährige im November 2009 seine über 30 Jahre dauernde Tätigkeit als Vereinsmanager beendete und ins Präsidenten-Amt wechselte, blieb ihm die Bezeichnung. Und aktuell managt Hoeneß vom Tegernsee aus den großen Bayern-Umbau für die neue Saison.
Spätestens nach der 1:3-Klatsche gegen Leipzig und dem voraussichtlichen K.o. im Titelkampf dürfte sich der Ehrenpräsident in seinen Plänen bestätigt fühlen: Der deutsche Rekordmeister braucht Veränderungen – und zwar auf allen Ebenen. „Ob doch noch vielleicht Meisterschaft – oder nicht: So kann es nicht weitergehen beim FC Bayern! Es muss jetzt eine knallharte Analyse geben und eine schonungslose Aufarbeitung mit Konsequenzen, auf und neben dem Platz. Ohne Rücksicht auf Namen oder Positionen“, fordert Lothar Matthäus via Bild – und meint damit CEO Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic.
Kahn erhält allerdings Rückendeckung von Matthäus’ Sky-Kollege Didi Hamann, der sagt: „Den FC Bayern zu führen, das ist kein Zuckerschlecken.“ Auch eine titellose Saison des Rekordmeisters wäre aus seiner Sicht kein Grund, das Führungspersonal abzulösen. „Das würde im Umkehrschluss heißen: Immer wenn du ein Jahr titellos bist, fliegt der Vorstandsvorsitzende raus, der Sportvorstand und der Trainer auch noch. Das kann ja nicht die Lösung sein.“
Trotzdem macht sich Hoeneß intensive Gedanken, was die Besetzung der Vorstandsposten betrifft. Einer der Namen, der als möglicher Kahn-Nachfolger gefallen sein soll, ist der des scheidenden Finanzvorstands Jan-Christian Dreesen. Im April wurde Michael Diederich in den Bayern-Vorstand berufen, wo er Dreesen ab dem 1. Juli als Finanzchef ablösen wird. Logisch, dass bisher davon ausgegangen wurde, dass Dreesen nach seinem Ausscheiden aus dem Bayern-Vorstand am 30. Juni einen Job abseits des Rekordmeisters annehmen wird. Denn: Der 55-Jährige gilt als Topkandidat für den lukrativen Geschäftsführer-Posten bei der DFL. Doch vielleicht kommt es ganz anders als gedacht.
Dass Dreesen bei seinem „letzten“ Heimspiel am Samstag nicht offiziell verabschiedet wurde, passt zu dem Eindruck, dass seine Zeit beim FC Bayern noch nicht vorbei ist. Dreesen ist ein Fachmann, er kennt den Verein, ist unter den Mitarbeitern beliebt. Und er könnte in sportlichen Fragen prominente Unterstützung erhalten – in Person von Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge als eine Art Supervisor-Duo. So wären beide, die im Bayern-Kosmos stets präsent blieben, wieder mehr ins Tagesgeschäft eingebunden.
Ein Blick auf die Ehrentribüne der Allianz Arena bei den vergangenen beiden Heimspielen hat gezeigt, dass es beim Rekordmeister viele Kräfte mit Fußball-Manager-Kompetenz gibt. Sie müssten nur gebündelt werden, um zurück in die Erfolgsspur zu finden. Die Aufsichtsratssitzung am 30. Mai wird Aufschluss geben.
Mit dem Modell Dreesen würde der FC Bayern gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Dreesen ist mit dem Club und seinen Strukturen vertraut. Darüber hinaus gilt er unter den Mitarbeitern als beliebt, stand ihnen vor allem während der Corona-Krise mit Rat und Tat bei finanziellen Fragen zur Seite. In der DFL ist Dreesen als jahrelanges Präsidiumsmitglied bestens vernetzt und genießt auch im Ausland einen hervorragenden Ruf. Sportvorstand Salihamidzic könnte dadurch ebenfalls in seinem Aufgabenbereich Unterstützung erhalten. Ein Vorwurf, der Kahn gemacht wird: Er hat sich als alleiniger CEO zu wenig in den sportlichen Bereich mit eingebracht. Unter Hoeneß und Rummenigge undenkbar.