Die Fußball-Republik Deutschland bleibt ein Schwellenland – und verschließt sich der modernen Sportwelt. Anders kann die Entscheidung der 36 Erst- und Zweitligisten, keinen Investor bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) einsteigen zu lassen, nicht interpretiert werden. Die Bundesliga-Clubs, die eine Nein-Stimme abgaben oder sich komplett enthielten, beugen sich damit einmal mehr dem Willen der Fan- und Ultraszene.
Es ehrt die Vereine, dass sie altehrwürdige Bundesliga-Traditionen aufrecht halten wollen, aber: Durch Bratwürste, die über Holzkohle-Grills geröstet werden und günstige Bierpreise lässt sich der Abstand zu den anderen europäischen Top-Ligen aus England und Spanien nicht verringern. Aus sportlicher Sicht läuft diese Saison sogar die italienische Serie A der Bundesliga den Rang ab. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der diskutierte Deal von Anfang an weder Fisch noch Fleisch für die Bundesliga-Clubs war.
Die DFL hatte sich von dem Geschäft bis zu zwei Milliarden Euro versprochen, wovon 40 Prozent für die Digitalisierung verwendet werden und 45 Prozent den Clubs für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stehen sollten. Über die restlichen 15 Prozent hätten die Vereine frei verfügen können. Darum ist das Investoren-Veto für die Vereine vermutlich erträglicher, als viele vielleicht denken.
Es zeigt aber, dass die Fanszene in Deutschland genug Macht besitzt, nötige und moderne Entwicklungen in den höchsten deutschen Spielklassen zu verhindern. Denn: Der gescheiterte Deal war ohnehin von Anfang an ein Kompromiss – und ging nach dem Widerstand der Fans trotzdem nicht durch. Es erweckt den Eindruck, dass sich viele Bundesligisten erhoffen, durch gute Stimmung in den Stadien die Nummer eins der Top-Ligen zu werden – das aber ist nicht mehr als Wunschdenken.
Mehr noch: Diese Sucht nach Harmonie ist auf lange Sicht schädlich für den deutschen Fußball. Der Dortmunder Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke prophezeite in seiner Funktion als Chef des DFL-Aufsichtsrates, dass die Bundesliga ohne den Einstieg eines starken Investors in den kommenden Jahren auf das Niveau der Ligen von Holland oder Portugal zurückfallen werde. Dann ist Fußball-Deutschland kein Schwellenland mehr, sondern ein Entwicklungsland.
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