München – Es gab und gibt in den Überlegungen, den scheidenden Finanzvorstand Jan-Christan Dreesen als CEO des FC Bayern zu installieren, einige Hindernisse. Eines davon: Der 55-Jährige galt bislang als Top-Favorit auf den Posten des Geschäftsführers der Deutschen Fußball Liga (DFL) – eine Stelle, die derzeit interimistisch mit Axel Hellmann (Frankfurt) und Oliver Leki (Freiburg) besetzt ist. Dreesen befand sich bereits in Verhandlungen mit DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke. Dem Vernehmen nach soll auch schon über Zahlen gesprochen worden sein, demnach hätte Dreesen ein Brutto-Jahresgehalt von zwei Millionen Euro gewunken.
Doch durch den geplatzten Investoren-Plan hat das Jobprofil als Liga-Boss sich gravierend verändert. Wegen des geplatzten Milliarden-Deals müsste der gelernte Banker weniger mit den verfügbaren Geldern jonglieren, vielmehr wäre er auf empathischer Ebene als Vermittler zwischen Erst- und Zweitliga-Vereinen gefragt. Denn: Deutet man die Aussagen von Watzke („Es sollte in der nächsten Zeit niemand mehr mit Solidaritätsthemen kommen“) oder dem amtierenden Bayern-CEO Oliver Kahn („Ziel war es, die Bundesliga und die Zweite Bundesliga zu stärken. Bei diesem Modell hätten die größeren Vereine viel Solidarität mit den Kleineren gezeigt“) richtig, droht der Zusammenhalt zwischen Ober- und Unterhaus zu brechen.
Es gibt nämlich ein Szenario, das in den Schubläden der Erstligisten liegt: Die 1. Liga könnte – angeführt vom FC Bayern und Borussia Dortmund – aus der DFL austreten, einen eigenen Verband gründen und dem DFB beitreten. Eine Drohgebärde? Oder ernsthafter Zukunftsplan?
Unangenehme Themen, mit denen sich Dreesen beschäftigen müsste. „Wenn alle in unterschiedliche Richtungen ziehen, dann bewegt sich am Ende nichts“, sagte der ehemalige DFL-Chef Christian Seifert am Mittwoch in Frankfurt und erklärte: „In der Bundesliga haben ungefähr zehn Clubs internationale Ambitionen“, der Ligaverband bestehe jedoch aus 36 Vereinen. Die Entscheidung gegen einen Investor werde „dazu führen, dass es ein paar Clubs international noch schwerer haben werden“, prognostiziert Seifert. In der Frankfurter Liga-Zentrale wird es in den kommenden Wochen und Monaten also ungemütlich.
Gleiches gilt jedoch für die Geschäftsstelle des FC Bayern an der Säbener Straße. Hier genießt Dreesen jedoch einen nicht unerheblichen Heimvorteil: Er wird in der Fan- und Ultraszene enorm geschätzt. Und der gescheiterte Investoren-Deal hat einmal bewiesen, wie viel Einfluss gut organisierte Vereinsanhänger bei Bundesliga-Clubs nach wie vor besitzen – auch beim deutschen Rekordmeister. Dreesen war als Finanzvorstand stets auch für die Direktion Fan- und Fanclub-Betreuung zuständig und pflegte einen regelmäßigen und persönlichen Austausch mit Vertretern der Ultra-Gruppierung. Ein CEO Dreesen wäre also geeignet, die Fans mit der aktuellen Club-Politik zu versöhnen. Sollte der Ostfriese nach der Aufsichtsratssitzung am 30. Mai wirklich Kahn als Vorstandschef ablösen, müsste er sich auch mit – aus Fansicht – heiklen Vereinsthemen intensiv auseinandersetzen. Spätestens Ende Juni wird es eine Entscheidung geben, ob das Sponsoring mit dem Staatsunternehmen Qatar Airways verlängert wird – oder eben nicht. Bei dieser Frage sind die Anhänger ähnlich gespalten wie die Bundesligisten nach dem geplatzten Investoren-Deal.