Der Unglaubliche will schnell nach Hause

von Redaktion

Denver dank Nikola Jokic neuer NBA-Champion – ein Feierbiest ist der Serbe allerdings nicht

Denver/Hamburg – Nikola Jokic legte liebevoll seinen Arm um die kleine Ognjena und schien für einen Moment das wilde Treiben um ihn herum zu vergessen. Die Fans brüllten „MVP, MVP“, seine Mitspieler tätschelten dem serbischen Topstar immer wieder anerkennend den Kopf, und auf den Straßen vor der Ball Arena ging der Punk ab. Doch Jokic genoss es in seinem größten Moment vor allem, seine kleine Tochter bei sich zu haben.

„Es fühlt sich gut an. Der Job ist erledigt und wir können jetzt nach Hause gehen“, sagte der serbische Ausnahmespieler, als er seine Mission abgeschlossen und die Denver Nuggets zum ersten NBA-Titel der Teamgeschichte geführt hatte. Und das meinte er ziemlich wörtlich. Als Jokic später erfuhr, dass die Meisterparade in der Hauptstadt Colorados erst am Donnerstag stattfindet, meine er: „Nein, ich muss nach Hause.“

Er wird den Flug in die Heimat noch einmal umplanen müssen, denn der Hauptprotagonist des Championship-Coups darf nicht fehlen. Nach dem 94:89-Erfolg gegen die Miami Heat, der das entscheidende 4:1 in der Best-of-seven-Serie der Finals brachte, brachen alle Dämme in der Mile High City.

Jokic, der später dann doch noch ein wenig zum Feierbiest mutierte, mit Skibrille auf dem Kopf Champagner versprühte und seinen kongenialen Partner Jamal Murray in den Pool schmiss, wurde als wertvollster Spieler (MVP) der Finals ausgezeichnet. Er ist erst der vierte Europäer nach Tony Parker (Frankreich/2007), dem deutschen Idol Dirk Nowitzki (2011) und Giannis Antetokounmpo (Griechenland/2021), dem diese Ehre zuteil wurde. Ganz selten war die Verteilung des Awards so unstrittig.

Als erster Spieler in der Geschichte der Eliteliga erzielte Jokic in der Meisterrunde die meisten Punkte, schnappte sich die größte Anzahl an Rebounds und lieferte die meisten Assists aller Spieler. Er beendete die Play-offs mit zehn Triple-Doubles – ein Rekord.

Für den Profi aus der Stadt Sombor im Nordwesten Serbiens war der Weg zum Titel eine „lange Reise“, wie er es selbst beschrieb. Jokic, den Fotos schon als Fünfjährigen im Nuggets-Pullover zeigen, war als Kind eine solche Karriere nicht anzusehen. Für seine Trikotnummer entschied er sich aus ganz pragmatischen Gründen. „Ich war pummelig, ich war groß, und die 15 war das größte Trikot“, sagte Jokic jüngst.

Obwohl er selbst nicht wirklich an einen Sprung in die NBA glaubte, wurde er 2014 gedraftet – nicht als einer der sogenannten Toppicks, sondern als 41. Neun Jahre später ist er zweimaliger wertvollster Spieler der Hauptrunde (2021, 2022), fünfmaliger Allstar und nun NBA-Champion sowie Finals-MVP. Dieses langsame Reifen zum Franchise-Player, also einem Spieler, der die Rolle des Superstars im Team ausfüllt, eint ihn mit Nowitzki.

Seine Landsleute liegen Jokic zu Füßen, er ist längst der zweite Superstar Serbiens neben Tennisikone Novak Djokovic. Als Jokic nachschauen wollte, ob ihm der „Djoker“ schon gratuliert hatte, brach er schnell ab. „Oh, come on“, sagte er – zu viele Nachrichten fluteten das Handy von Jokic, der vor allem eins wollte: Nach Hause.  sid

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