Nüchtern betrachtet wäre die ganze Sache ein krasses Verlustgeschäft. Wenn man 80 Millionen Euro für einen Einkauf ausgibt und am Ende 50 bis 60 Millionen Euro im Weiterverkauf einnimmt, steht die negative Bilanz schwarz auf weiß. Man kann den Fall Lucas Hernandez, der aller Voraussicht nach in diesem Sommer an der Säbener Straße zu den Akten gelegt werden wird, also wahlweise unter den Stichworten „dickes Minus“, „unternehmerisches Risiko“ oder aber „Macht der Spieler“ einordnen. So oder so aber bleibt die sportliche Sicht dieselbe: Der Abgang – oder die nicht gelungene Bindung – des Franzosen wäre für die Bayern äußerst ungünstig.
Dabei geht es gar nicht nur um die Frage, ob Hernandez, bis dato (und wohl nicht mehr allzu lange) der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte, die für ihn 2019 an Atletico Madrid überwiesene und so horrend klingende Summe wert war. Sondern vielmehr um die Folgen, die der nicht eingeplante Abgang des Weltmeisters ein Jahr vor Vertragsende auf den Kader hätte. Das Risiko, im Falle des ebenso wahrscheinlichen Abschieds von Benjamin Pavard lediglich mit den beiden etatmäßigen Innenverteidigern Matthijs de Ligt und Dayot Upamecano in eine Saison zu starten, in der ja eigentlich alles besser werden soll, kann und würde die Transfer-Taskforce nicht eingehen. Das heißt: Man muss aktiv werden auf einem Markt, auf dem der FC Bayern mit Blick auf die internationale Konkurrenz – wahlweise geldigen Premier-League-Teams oder inzwischen gar ganzen Staaten – schon lange kein sogenannter „big player“ mehr ist.
Wie hart es ist, als solide wirtschaftender, aber eben deutscher Club die leuchtenden Dollar-Zeichen aus England mit guten Argumenten zu überstrahlen, hat nicht zuletzt der Fall Declan Rice gezeigt. Eine attraktivere Liga, bessere Vermarktungsmöglichkeiten, dazu ein fürstliches Gehalt und genug Kleingeld für die Ablöse: Arsenal konnte so viel bieten, dass die Bayern von einem Angebot für den Wunschspieler von Thomas Tuchel absahen. Die Tendenz ist eindeutig: Es wird immer schwerer, ein internationales Top-Team zu modellieren, wenn der Ruf des Geldes parallel immer lauter wird.
Dieser Markt ist schon lange nicht mehr fair – und wird noch irrer werden. Dafür reicht allein die Personalie Kylian Mbappé. Irgendwer wird in ein paar Wochen höchstwahrscheinlich die Schatulle öffnen und mehr als 200 Millionen Euro an PSG zahlen. Und wenn es der Staat Katar ist, dann: Gute Nacht, Fußball!
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