München – Natürlich ist Anton Gavel sich auch in den Momenten des Überschwangs selbst treu geblieben. Während um ihn herum noch „Sweet Caroline“ oder „Oh wie ist das schön“ dröhnten, gab der Trainer der Ulmer Basketballer schon wieder den Party-Crasher. 112:84 hatten seine Profis Champions-League-Sieger Bonn gerade aus der Halle gefegt. Doch Gavel trat schon wieder auf die Bremse. „Ganz egal, ob wir hier mit einem Punkt gewinnen oder mit dreißig – es ist nur ein Sieg. Und es steht deshalb auch nur 2:1.“
Dabei war es ein donnerndes Statement, das seine Profis da im dritten Finale der BBL abgeliefert haben. Schon an diesem Freitag (20.30 Uhr) an gleicher Stelle könnten die Ulmer mit einem weiteren Sieg die erste Meisterschaft ihrer Geschichte klar machen. Und nicht genug der Historie: Niemals zuvor kam ein Hauptrunden-Siebter bis zum Titel durch. Und natürlich wären die Schwaben der erste Champion, der die Top-3 der Hauptrunde auf dem Gewissen hat.
Und doch ist der Ulmer Erfolgsrausch nicht so überraschend, wie die Zahlen glauben machen. Nach schwachem Saisonstart kam Gavels Team nach dem Jahreswechsel immer besser in Fahrt und galt für viele auch so schon als „best of the rest“ – als Nummer eins hinter dem Spitzentrio aus Bonn, Berlin und München. Trainer-Novize Gavel verortete die größte Veränderung dabei in den Köpfen seiner Profis. „Die Jungs haben irgendwann angefangen, an sich zu glauben“, sagte er.
Doch viel dürfte auch mit der Nachverpflichtung von Bruno Caboclo zu tun haben. In der NBA konnte der brasilianische Modellathlet in vier Anläufen (Toronto, Sacramento, Memphis, Houston) nie ganz Fuß fassen. In Ulm erwies sich der 27-Jährige als genau der Baustein, der dem neu formierten Ensemble gefehlt hatte. Denn nun haben die Ulmer tatsächlich alles, was ein Spitzenteam braucht. Man hat versierte Spielmacher wie Caboclos Landsmann Yago oder den spanischen Rohdiamanten Juan Nunez. Man hat Athletik am Korb mit Caboclo oder Josh Hawley. Und man hat Energiebringer wie das einstige Bayern-Eigengewächs Karim Jallow, der am Mittwoch mit 24 Zählern auch noch der beste Punktesammler seines Teams war.
Und Gavel hat aus diesem Kader ein funktionierendes Team geschmiedet, in dem zum bestmöglichen Zeitpunkt die Rädchen perfekt ineinandergreifen. Das Selbstvertrauen durch die Siege gegen die Euroleague-Clubs aus Berlin und München wird sein Übriges tun.
Bei den Bonnern, die in den Finals nun so viele Niederlagen kassiert haben (2) wie zuvor in 40 Bundesliga-Partien, herrschte am Mittwoch Betretenheit. „Sie waren bereit zu spielen. Wir waren es nicht. So einfach ist das“, murrte TJ Shorts, der Ulmer Star. Doch abgehakt ist der Titel für Shorts noch lange nicht. „Wir werden kämpfen, bis wir den Titel holen oder verloren haben“, sagte er.