München – So eine Beziehung unter Leistungssportlern kann manchmal anstrengend sein. Trainingsvideos etwa sind bei den Lewandowskis fester Bestandteil der Eindrücke, die Fans von Robert und Anna über die Sozialen Netzwerke aus dem Urlaub übermittelt bekommen. Und auch bei Manuel Neuer und Anika Bissel heißt es bei einer gemeinsamen Auszeit nicht: Beine hochlegen. Aber das ist in der aktuellen Situation ja nicht unbedingt schlecht. Ein aktiver Urlaub passt zu dem Plan, den Neuer sich vor einem guten halben Jahr zurechtgelegt hat – und der voll aufzugehen scheint. Zum Trainingsstart des FC Bayern will der 37-Jährige wieder die Nummer eins im Tor des FC Bayern sein.
Für dieses Ziel schuftet der Kapitän seit dem ersten Tag seiner Reha. Der Unterschenkelbruch in Folge seines Ski-Unfalls war freilich schmerzhaft, ist aber so gut verheilt, dass Neuer sich, so erfuhr unsere Zeitung, im Zeitplan sogar etwas vor dem Soll befindet. Fast ein wenig schmunzeln musste man daher zuletzt über die Fotos vom Trainingsplatz an der Säbener Straße, in deren Folge Neuer von einigen Beobachtern „unrunde Bewegungen“ nachgesagt wurden. Normale Begleiterscheinungen einer Reha, kleine muskuläre Reaktionen aufgrund von lange nicht ausgeführten Bewegungen, heißt es. Neuer weiß, was er da macht, alles ist akribisch geplant. Das Training vor Ort genau wie die kleine Luftveränderung, die Neuer und Bissel sich vor dem Juli noch einmal gönnen werden.
Auch in den höheren Etagen der Geschäftsstelle wird Neuers Entwicklung positiv gesehen. Thomas Tuchel schwärmte schon vor Wochen vor dem Ehrgeiz und der Motivation des Keepers, Herbert Hainer sagte jüngst bei Bild-TV die volle Unterstützung zu, „dass er so zurückkehrt, wie wir ihn alle kennen – als einen der weltbesten oder als der weltbeste Torhüter“. Der Präsident hat die Torhüter-Position im Blick, sieht aber eher ein Luxusproblem. Er sagt: „Es ist besser, einen zu viel zu haben als einen zu wenig.“ Dennoch wird Neuers Form großen Einfluss darauf haben, wie groß der Handlungsbedarf ganz hinten ist.
Stand jetzt stehen in Neuer, Yann Sommer, Sven Ulreich und ab 1. Juli Alexander Nübel vier Keeper im Kader, von denen mindestens drei Startelf-Ambitionen haben und zwei gehen wollen, sollten sie nicht Nummer eins werden. Neuer aber ist betont entspannt. Er weiß, was er kann und dass er es noch kann. Und er mag auch den Input des neuen Torwarttrainers Michael Rechner. Die beiden haben sich nach dem unrühmlichen Aus von Toni Tapalovic nicht nur arrangiert, sondern schätzen sich. Was nicht heißt, dass Tapalovic keine Rolle mehr spielt – im Gegenteil.
Im „ständigen Austausch, sagte Hainer, sei man mit dem langjährigen Torwarttrainer. Neuer konsultiert seinen Vertrauen privat – und besonders – beruflich. Trainingsformen, Reha-Pläne: Die Themen liegen auf der Hand – und das Aufrechthalten dieser Erfolgs-Connection ist auch von Vereinsseiten gebilligt. Alle Parteien sind sich dessen bewusst, dass die Trennung im Frühjahr vor allem auf Geheiß von Ex-Trainer Julian Nagelsmann durchgesetzt wurde. Die Ungereimtheiten sind längst ausgeräumt, und auch eine Rückkehr wäre keine Überraschung. Tapalovic’ Vertrag läuft ohnehin still weiter. Vor seinem Haus in Bogenhausen wurde er neulich beim Hecken-Trimmen gesichtet – im Bayern-Outfit.
Eine andere Farbe hat das Outfit der Nationalmannschaft. Wie schnell Neuer das wieder tragen wird und welche Nummer er dann auf dem Rücken haben wird, ist noch offen. Geht es nach Konkurrent Marc Andre ter Stegen, wird es nicht die 1 sein. „Im Moment bin ich die Nummer eins, und es ist mein Anspruch, das auch zu bleiben“, sagte der 31-Jährige im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Äußerungen, die Neuer noch mehr motivieren dürften.