Batumi – Ähnliche Ansprachen, eine ähnliche Spielidee – aber deutlich weniger Haare als sein Vorgänger: Antonio Di Salvo ist ein lockerer Typ, mit Stil, mit Humor. Äußerlich erinnert der 44-Jährige ein wenig an Welttrainer Pep Guardiola – stilistisch ist der Coach der deutschen U21-Fußballer aber eher ein Stefan Kuntz 2.0. Nun muss Di Salvo aber aus dem Schatten seines ehemaligen Chefs hervortreten, bei der EM steht er erstmals selbst im Scheinwerferlicht.
„Ich verspüre keinen Druck, aber eine gewisse Anspannung ist da. Aber die war auch schon da, als ich noch Co-Trainer war“, sagt Di Salvo vor der Endrunde in Georgien und Rumänien, in die Titelverteidiger Deutschland am Donnerstag in Kutaissi gegen Israel (18.00 Uhr/Sat.1) einsteigt. „Eine EM zu spielen ist immer ein Highlight, jetzt als Cheftrainer natürlich umso mehr. Ich habe eine große Vorfreude auf dieses Turnier.“
Die Bürde als Nachfolger von Kuntz ist groß: Unter dem jetzigen türkischen Nationaltrainer prägte die DFB-Auswahl zuletzt eine Ära, stand dreimal in Folge im EM-Endspiel, holte 2017 und 2021 gar den Titel. Di Salvo, der seit zehn Jahren für den DFB arbeitet, war als Co-Trainer maßgeblich an diesem Erfolg beteiligt und damit auch die logische Nachfolge, als Kuntz vor zwei Jahren ging.
Nun steht der gebürtige Paderborner mit italienischen Wurzeln, der als Mittelstürmer für Bayern München und Hansa Rostock in der Bundesliga spielte, vor seinem ersten großen Turnier als Chefcoach. Mit Vertrauensvorschuss: Der DFB verlängerte den Vertrag mit Di Salvo und dessen Co-Trainer Hermann Gerland im Vorfeld des Turniers bis 2025. „Das ist eine schöne Sache, weil ich merke, dass Vertrauen da ist – unabhängig vom Turnierausgang“, so Di Salvo.
Das große Ziel in Georgien? Olympia! Dafür muss mindestens das Halbfinale her, das Endspiel würde auf jeden Fall reichen – und damit auch die Serie fortsetzen. Doch dafür gilt es erst einmal, die Gruppenphase mit den weiteren Gegnern Tschechien (Sonntag) und Mitfavorit England (28. Juni/je 18.00 Uhr/Sat.1) zu überstehen.
„Ich bin kein Freund davon, diese Mannschaft mit den Vorgängern zu vergleichen. Fakt ist, dass diese Mannschaft nicht der Titelverteidiger ist, sondern eine andere Mannschaft, ein neuer Zyklus“, sagte Di Salvo über die Erwartungen.
Die größten Talente wie Jamal Musiala, Florian Wirtz oder Malik Thiaw stehen in Absprache mit Bundestrainer Hansi Flick, der ebenso wie DFB-Direktor Rudi Völler die Junioren bei der EM vor Ort unterstützen will, nicht zur Verfügung.
Mit einem „in der Breite gut besetzten Kader“ muss Antonio Di Salvo deshalb einen neuen, eigenen Weg finden. sid
Das Halbfinale ist das Minimalziel