Moosinning – Die LIV Golf Tour kam über die Szene wie ein Gewitter. 2022 warben die Saudis mit Öl-Millionen die Stars für eine neue Turnierserie ab. Seither spaltet diese Konkurrenz die Golfwelt. Vor gut zwei Wochen der nächste Paukenschlag: Aus heiterem Himmel verkündeten die zwei bedeutendsten Touren der Welt, die PGA und die DP World Tour (vormals European Tour), den Beginn einer Kooperation mit der LIV. Eine Nachricht wie Zündstoff.
Über kaum etwas anderes wird derzeit in Golferkreisen spekuliert und diskutiert. Natürlich auch im Vorfeld der BMW International Open in München-Eichenried in dieser Woche. Allein schon deshalb, weil Martin Kaymer, bisher einziger Gewinner des Heimspiels auf deutschem Boden, eben auch zur LIV-Gesellschaft gehört. Nach eigenem Bekunden hätte er gerne in München gespielt, war nach einem Gerichtsentscheid aber sofort mit einer Sperre belegt worden.
Um das Thema machten die Verantwortlichen in München vor dem Start erst einmal einen Bogen. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir Fragen dazu nicht beantworten“, betonte Tim Holzmüller, der Pressesprecher von BMW für den Sportbereich, bei der zentralen Pressekonferenz vor dem Turnier, das am Mittwoch mit dem Pro-Am startet und am Sonntag, 25. Juni, mit dem Finaltag endet. „Wir kennen selbst noch keine Details, sind aber im ständigen Austausch mit unseren Partnern.“
Nur gut, dass es in der Golfszene noch ein zweites Thema gibt, dass zumindest in diesem Jahr wieder viele elektrisiert. Der Ryder Cup steht Ende September in Italien, genauer gesagt in Rom, auf dem Programm. Mit diesem Kontinentalvergleich zwischen Europa und den USA haben die BMW International Open dann schon sehr viel mehr zu tun. Denn es gibt reichlich Punkte in München für die Ryder-Cup-Rangliste zu gewinnen. Europas Captain Luke Donald hat sich nicht umsonst mit drei Stellvertretern angesagt. Sie alle spielen in Eichenried, um die Kandidaten, die sich entweder direkt für die Tage in Rom qualifizieren könnten oder eben Alternativen für eine von sechs Wildcards sind, zu beäugen.
Als heißer Anwärter für eine der beiden Varianten gilt aktuell auch Yannik Paul. Der 29-jährige Frankfurter ist derzeit Aushängeschild im deutschen Golf, hat sich als 99. knapp in die Top-100 der Weltrangliste nach vorne gearbeitet und steht nach seinem dritten Platz in Schweden vor zwei Wochen wieder auf einem direkten Qualifikationsplatz für den Ryder Cup. Hinter den Stars John Rahm (Spanien) und Rory McIlroy (Nordirland) ist er derzeit die Nummer drei der europäischen Punkteliste, die seit Herbst 2022 geführt wird. Logisch, dass er dieser Tage oft auf den Höhepunkt im Herbst angesprochen wird. Er selbst sieht das Thema eher pragmatisch. „Wenn es klappt, wäre das sehr toll“, sagt er zurückhaltend. Verrückt machen will er sich nicht. „Es sind noch neun oder zehn Turniere, die für den Ryder Cup zählen.“ Das Rezept, das am Ende zur Teilnahme führen könnte, kennt er freilich – und es hört sich sehr nachvollziehbar an. „Ich muss weiter gut spielen, um eine Chance zu haben.“ Denn: Zwei Spieler sind Paul in diesem Klassement auf den Fersen – der Franzose Victor Perez sowie der Pole Adrian Meronk. Beide spielten zuletzt die US Open, konnten dort aber nicht groß punkten. In München sind sie ebenfalls dabei.
Turnierdirektor Marco Kaussler rechnet sogar Marcel Siem (Ratingen) Chancen auf einem Platz im Team Europa ein. „Ich denke, dass er auf dem Radar von Luke Donald aufgetaucht ist.“ Der 42-Jährige hat sich durch Erfolge wie Platz zwei zuletzt beim Turnier in Hamburg mittlerweile auf Position 13 der europäischen Saisonrangliste nach vorne gearbeitet, liegt in diesem Ranking sogar nur eine Position hinter Paul. An Routine und Emotionen – ein wichtiges Thema beim Kontinentalvergleich – mangelt es Siem nicht. Paul freut sich in jedem Fall auf das Heimspiel. Mit Eichenried, das nur drei Stunden von seiner Heimat entfernt liegt, verbindet er einiges. „Ich habe hier 2015 mein erstes Profiturnier auf der Tour gespielt.“ Den Stopp in München bezeichnet er damit klar als „mein Lieblingsturnier, das ist ein ganz spezielles Event für ich“. Vielleicht klappt es daheim ja mit ordentlich Punkten für den Ryder Cup.