Fragen ums EM-Maskottchen

Wird Bayern den Bären dulden?

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Mit Maskottchen ist das so eine Sache. Man kann sie als Marketingplage empfinden, aber halt auch lieb gewinnen, wenn die Veranstaltung, die sie repräsentieren, sich auf angenehme Weise in die Erinnerung pflanzt. Darum ein Hoch auf Juanito mit dem Sombrero (Fußball-WM 1970 in Mexiko), den Münchner Olympia-Dackel Waldi (1972) oder die WM-1974-Burschen Tip und Tap. Mittlerweile hat die Welt des Sports alles durch an menschlichem Stereotyp und Getier, für die in Deutschland stattfindende Fußball-Europameisterschaft 2024 bleibt nur die Variation von Altbekanntem übrig. Jetzt wissen wir: Das Maskottchen wird ein Bär sein. Die sicherste Nummer in der Welt der Kuscheltiere. Das wissen wir, seit vor dem letzten Spieltag 2003/04 der FC Bayern den gesättigten und kugelrunden Stammtischler „Bazi“ durch den hungrigen Bären „Berni“ ersetzte – der einzige Maskottchenwechsel während einer Saison in 60 Jahren Bundesliga! Die Begründung lautete: Der Bär hat die besseren Verkaufsaussichten. Dank der Berni-Erlöse werden nun immer die Bayern Meister.

Der 2024er-Bär, der nun vorgestellt wurde, ist so knuffig wie EM-Organisator Philipp Lahm. Diese Parallele dürfte bei der Namenswahl, die in den kommenden zwei Wochen per Internetvotum ansteht, die Variante Herzi von Bär favorisieren. Die anderen Möglichkeiten sind Albärt, Bärnardo und Bärnheart. Bärnardo ist – das räumen wir ein – nicht unoriginell und hat einen internationalen Touch. Besserwisserisch jedoch müssen wir den Einwand anbringen: Der Umlaut ä ist fast deutsch-exklusiv, in vielen anderen Sprachen kann man mit ihm nichts anfangen.

Aber es ist bei der Gestaltung des Maskottchens wohl zuerst auf die deutschen Befindlichkeiten geachtet worden. Des Bären Schuhe sind in schwarz-rot-gold gehalten und nicht in Regenbogen- oder One-Love-Optik – es besteht also kein Wokeness-Verdacht. Der Bär scheint von denen, die ihn erschufen, auch als männlich definiert zu sein; nur Herzi von Bär ließe das Geschlecht offen. Jedenfalls dürfte in dieser Debatte das Maskottchen keine gesellschaftlichen Verwerfungen auslösen.

Trotzdem ist zu erwarten und befürchten, dass sich gegen den EM-Bären eine scharfe Opposition bilden wird. Angeführt vom Problembären der bayerischen Politik, Hubert Aiwanger, der die Verniedlichung eines Monsters rügen, zum Schutz der Weidetiere in der Fröttmaninger Heide ein Bären-Verbot für die EM-Spiele in München und ein Bundesgesetz fordern wird, das Wölfe, Fischotter und Biber grundsätzlich von Repräsentanzrechten ausschließt. Die Demonstration dazu kommenden Samstag in Erding: „Holen wir uns die Maskottchen zurück!“

Guenter.Klein@ovb.net

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