Herzogenaurach – Alexandra Popp und Kolleginnen hatten es sich in ihrem „Open-Air-Kino“ richtig gemütlich gemacht. Auf den Polstermöbeln am Pool wollten die deutschen Fußballerinnen ihren ersten Abend im WM-Trainingslager genießen – doch auf der Leinwand lief die „Horrorvorstellung“ der Männer gegen Kolumbien. Den Gruselkick mussten sich die Vize-Europameisterinnen bei der ersten Einheit am Mittwoch aus den Gliedern schütteln – genau wie all die anderen Probleme, die nach dem Willen der Kapitänin ad acta gelegt sind.
Für Popp zählt ab jetzt nur noch die Jagd nach dem dritten Stern. „Ich möchte den Titel holen. Wir haben die Qualität dazu“, kündigte die 32-Jährige bei der Auftakt-Pressekonferenz des zweimaligen Welt- und achtmaligen Europameisters im „Homeground“ in Herzogenaurach an: „Es war Freude pur, uns alle wieder in die Arme schließen zu können. Im ersten Training war schon sehr viel Gutes zu sehen.“
Nicht zu sehen waren allerdings sechs Spielerinnen. Denn auch wenn die nervige Hängepartie rund um die TV-Übertragung der Endrunde in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) vergangene Woche glücklich zu Ende gegangen ist, der Knatsch um die Abstellungen ist nach wie vor präsent. Torhüterin Ann-Katrin Berger (FC Chelsea) kommt erst an diesem Donnerstag, das Quintett des FC Bayern (Lina Magull, Lea Schüller, Klara Bühl, Sydney Lohmann und Carolin Simon) wird erst am Freitag erwartet.
Dabei wird schon am Samstag in Offenbach gegen Vietnam (18.15/ZDF) getestet. Dort soll es besser laufen als bei den zurückliegenden Partien im Frühjahr, bei denen die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) noch nicht in WM-Form war. Das erste WM-Casting endet am 28. Juni. Der zweite Teil des Feinschliffs ist vom 1. bis 8. Juli geplant – inklusive Generalprobe gegen Sambia in Fürth am 7. Juli. Danach erst wird der Kader von 28 auf die endgültigen 23 Spielerinnen reduziert.
Trotz all der Störgeräusche ist sich Popp sicher, dass wie vor der EM im vergangenen Jahr der „Geist von Herzogenaurach“ erzeugt werden kann. „Das ist kein Thema mehr für uns“, sagte die Angreiferin zu dem Ärger um die Abstellungen: „Wir haben das Wissen, wie wir es letztes Jahr geschafft haben, als Mannschaft zusammenzuwachsen.“
Die Bundestrainerin richtet derweil ihren Blick auf die Defizite, die beseitigt werden sollen. „Wir wollen die zwei Lehrgänge bestmöglich nutzen, um mit dem Spielerinnen individuell sowie im Team an den sportlichen Themen zu arbeiten, die wir in den vergangenen Länderspielen noch nicht so gut auf den Platz gebracht haben“, betonte Martina Voss-Tecklenburg.
Die Form sollte am 11. Juli bereits halbwegs stimmen. Dann bricht der DFB-Tross zum Abenteuer am anderen Ende der Welt auf, wo in der Gruppe H die Gegner aus Marokko (24. Juli/Melbourne), Kolumbien (30. Juli/Sydney) und Südkorea (3. August/Brisbane) warten.
Dass Down Under auch ein Rekordpreisgeld des Weltverbands wartet, sorgt für zusätzliche Motivation. „Das sind nicht die schlechtesten Zahlen“, kommentierte Popp die ausgelobten 103 Millionen Euro, von denen über die Hälfte direkt an die Spielerinnen geht: „Wir sind grundsätzlich sehr zufrieden damit, was die FIFA auf die Beine gestellt hat.“ sid