Als Hansi Flick noch Trainer des FC Bayern war und die Zwistigkeiten mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic ihren Höhepunkt erreichten, weil der Coach mehr Einfluss auf die Kaderplanung nehmen wollte, machte er seinen Standpunkt mit folgender Aussage klar: Er sei Fußballlehrer und kein Übungsleiter. Die Botschaft dahinter war klar: Flick sah sich in der Position, die sportliche Ausrichtung des Vereins auch abseits des Trainingsplatzes entscheidend zu prägen. Doch beim deutschen Rekordmeister verwehrte man ihm diesen Wunsch weitestgehend. Die Verantwortlichen hatten Sorge, dass Flick mit seinen Personalvorschlägen (Benjamin Henrichs, Arne Maier oder Max Meyer) eine Art Fußballer-Gulasch anrührt: Eine Ansammlung mehr oder weniger talentierter Spieler, die das Mannschaftsgefüge des FC Bayern verwässern.
Als Bundestrainer rührte Flick ab dem ersten Tag munter im DFB-Kessel und verhalf mit seiner Experimentierfreude Spielern wie Armel Bella-Kotchap, Kevin Schade. Lukas Nmecha oder Mergim Berisha zum Debüt bei der A-Nationalmannschaft. Und hier liegt das Problem: Statt seine Rolle als vermeintlich spröder Übungsleiter ernst zu nehmen und eine Mannschaft mit den besten Spielern Deutschlands im Hinblick auf die Weltmeisterschaft 2022 und die bevorstehende Heim-Europameisterschaft einspielen zu lassen, inszeniert sich Flick als tüftelnder Fußballlehrer, der zwanghaft Talente hervorbringen will und mühelos zwischen Dreier- und Viererkette wechseln kann. Dieses Experiment ist krachend gescheitert.
Die Befürchtung, dass sich die DFB-Bosse von Flicks Mantra – „Ich kann versprechen, dass wir im September eine andere Mannschaft sehen“ – einlullen lassen, ist groß. Dabei wäre der Wechsel auf der Trainerposition ein Jahr vor der Heim-EM eigentlich zwingend angeraten. An prominenten Namen wie Matthias Sammer oder Jürgen Klopp mangelt es nicht. Nur wird niemand beim Verband diese Entscheidung treffen.
Vielleicht könnten sich die Bosse zumindest dazu durchringen, Flicks Fehlerflüsterer zu beurlauben. Der Tross der Assistenten um das Co-Trainer-Duo Marcus Sorg und Danny Röhl sowie Standard-Trainer Mads Buttgereit, der dem Bundestrainer die aberwitzigen Entscheidungen entweder souffliert oder zumindest nicht eingreift, muss überdacht werden. Mindestens.
Manuel.Bonke@ovb.net