München – Für einen kurzen Moment huschte ein Lächeln über Christian Schwarzers Gesicht. Ja, in der Tat, er hat schon schlechtere Zeiten gesehen, der deutsche Handball, Der SC Magdeburg (Champions League) und die Füchse Berlin (European League) heimsten die beiden großen Europapokal-Wettbewerbe ein. Mit dem THW Kiel (Meister) und den Rhein-Neckar Löwen (Pokal) setzten sich zwei weitere Teams in den nationalen Wettbewerben durch. „Das ist unheimlich ausgeglichen“, wie der 53-Jährige am Rande seines Auftritts beim ProAm-Turnier der Golfer in Eichenried fand, „das zeigt, dass die Bundesliga gerade in der Breite einfach immer noch die beste Liga der Welt ist.“
Und genau das könnte auch das entscheidende Faustpfand für die jüngsten Erfolge gewesen sein. Denn die deutschen Topclubs sind Woche für Woche gefordert. „In Spanien dagegen hast du, anders als zu meiner Zeit dort, den FC Barcelona und dann lange nichts“, sagte Schwarzer. In der Tat: Seit 2011 sind die Katalanen spanischer Meister. Kürzlich schloss man die Liga Asobal mit optimalen 30 Siegen aus den 30 Saisonspielen ab. Der schärfste Verfolger Ciudad Encantada war am Ende um Schwindel erregende 18 Punkte distanziert. „Aber die Erfahrung von engen Spielen haben die halt nicht“, befand Schwarzer.
Was so weit eigentlich eine gute Voraussetzung sein könnte für ein noch größeres handballerisches Ereignis im kommenden Jahr. Anfang 2024 steigt die Heim-EM. Für den Mann, der Deutschland 2007 im eigenen Land zur Weltmeisterschaft führte, ein ganz besonderes Ereignis. „Bei Heim-Turnieren ist natürlich immer viel möglich“, sagte Schwarzer.
Und trotzdem ist der einstige Weltklasse-Kreisläufer verhalten skeptisch. Denn: Die Spieler, die dem Deutschen Handball Bund (DHB) im nächsten Jahr mal wieder „etwas Glitzerndes um den Hals“ (Schwarzer) bescheren sollen, sind vor allem bei Clubs der oberen Mittelklasse aktiv. Die beiden Teams, die die deutschen Farben auf allerhöchster Ebene in der Champions League vertreten – Magdeburg und der THW Kiel – stellen derzeit gerade drei deutsche Nationalspieler. Die beiden Magdeburger Philipp Weber und Lukas Mertens sowie Rune Dahmke aus Kiel. Die Schlüsselpositionen bei den beiden Branchenführern sind mit internationalen Kräften bestückt. „Und wenn man mal auf die Leistungsträger der anderen Topnationen schaut“, so Schwarzer, „die spielen eigentlich alle auch bei Topvereinen in der Champions League.“
Immerhin: Es gibt sie ja, die Generation, die diese Lücke früher oder später schließen könnte. „Es ist gut, dass es Leute wie Juri Knorr gibt, der bei den Rhein-Neckar Löwen eine sehr gute Entwicklung gemacht hat. Knorr galt ja schon bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr, als einer der großen Lichtblicke der deutschen Mannschaft, die es als Fünfter immerhin wieder einmal ins Finalwochenende gebracht hatte.
Froh ist Schwarzer immerhin, dass die Misstöne um Bundestrainer Alfred Gislason wieder verklungen sind. Der Isländer war nach den deutlichen Niederlagen wie gegen Dänemark in die Kritik geraten. „Du brauchst auf dem Weg zu so einem wichtigen Turnier einfach Ruhe“, sagte Schwarzer, „aber das Gute ist: Alfred ist erfahren genug, um solche Dinge abzufedern.“ PATRICK REICHELT