Klare Kante von Dreesen

von Redaktion

So plant der Vorstandsboss den neuen FCB – Hernandez als Negativbeispiel

VON MANUEL BONKE

München – Jan-Christan Dreesen (55) ist als Vorstandsvorsitzender des FC Bayern bereits mitten im (Transfer)Geschehen: Als Eigengewächs Tarek Buchmann (18) jüngst seinen ersten Profi-Vertrag unterschrieb, sorgte Dreesen an der Säbener Straße für gekühlte Getränke, um mit dem Youngster und dessen Eltern auf die Unterschrift anzustoßen. Raphael Guerreiro (29) nahm er ebenfalls höchstpersönlich in Empfang und ließ sich anschließend wie folgt zitieren: „Er passt sowohl charakterlich als auch sportlich ausgezeichnet ins Team.“

All das ist ein Vorgeschmack darauf, wie Dreesen seinen FC Bayern plant: Herzlich im Umgang miteinander, aber auch knallhart, wenn jemand den Rekordmeister ausnutzen möchte. Das gilt vor allem für potenzielle Neuzugänge, wie Dreesen gegenüber der BamS unmissverständlich klarstellt: „Wir wollen keine Söldner, die alle zwei Jahre zum nächsten Club gehen. Wir brauchen Spieler, die Energie ausstrahlen, die sich für den FC Bayern und seine Fans reinhängen.“ Ein neuer Spieler müsse sich demnach mit dem Club und dessen Werten identifizieren.

Das aktuelle Beispiel von Lucas Hernandez (27) zeigt recht deutlich, welches Problem Dreesen an dieser Stelle anspricht. Die Münchner verpflichteten den Abwehrspieler im Sommer 2019, obwohl bei der sportmedizinischen Untersuchung eine Schädigung des Innenbandes im rechten Knie festgestellt und daher eine Operation angesetzt wurde.

Wegen seiner Verletzungsanfälligkeit – inklusive Kreuzbandriss bei der vergangenen Weltmeisterschaft – kam Hernandez in München nie richtig in Schwung, doch die Verantwortlichen hielten ihm immer die Stange. Auch, als ihm im Nachgang einer körperlichen Auseinandersetzung mit seiner Ex-Partnerin das Gefängnis drohte, setzte man an der Säbener Straße alle Hebel in Bewegung, um den Spieler zu unterstützen – mit Erfolg. Die Haftstrafe wurde abgewendet. Dreesen war in seiner damaligen Rolle als Finanzvorstand und stellvertretender Vorstandsvorsitzender in alle Vorgänge involviert.

Dementsprechend groß dürfte die Enttäuschung gewesen sein, als Hernandez das jüngste Angebot zur Vertragsverlängerung ablehnte – und seinen Wechselwunsch nach Paris äußerte. Aktuell laufen die Verhandlungen zwischen den beiden Clubs. Die Ideal-Vorstellung in Sachen Ablöse liegt bei 50 Millionen Euro, doch PSG ist dem Vernehmen nach nur bereit, maximal 40 Millionen Euro zu investieren.

Daher läuft die Suche nach neuen Verteidigern aktuell auf Hochtouren, weil auch Benjamin Pavard den Verein verlassen möchte. In der sogenannten Transfer-Taskforce „Ausschuss Sport“ geht es bei den Kader-Diskussionen auch mal heiß her, wie Dreesen verrät: „Wir gehen einzelne Positionen durch, Thomas Tuchel und Marco Neppe stellen ihre Ideen vor. Es ist unerlässlich, dass Thomas Teil dieser Runde ist. Auch den kreativen, bisweilen sogar kontroversen Austausch halte ich für sehr wichtig.“

Dass Dreesen nicht selbst Profi war, sondern nur Verteidiger „in meiner Heimat bei der Spielvereinigung Aurich“, sieht er nicht als Problem: Man werde in ganz Europa „keinen Topclub finden, in dem der CEO ein ehemaliger Fußballprofi ist. Deshalb fühle ich mich auch nicht als Ausnahme. Sondern ich bin die Regel.“

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