Nick Kyrgios kann es gar nicht erwarten. „Meldet mich an“, twitterte der Australier in Großbuchstaben zu den Expansionsplänen Saudi-Arabiens in den Tennissport. Seit sich ATP-Chef Andrea Gaudenzi mit Yasir Al-Rumayyan, Verwalter des Public Investment Fund Saudi-Arabiens (PIF), getroffen und von „positiven Gesprächen“ berichtet hat, meldet sich jeden Tag jemand anderes aus dem Tenniszirkus zu Wort. Dass Kyrgios („Endlich bekommen wir, was wir verdienen) die Dollarscheine über die Menschenrechte stellt, überrascht nicht. Der Australier spielte bereits im Dezember 2022 beim Diriyah Tennis Cup, einem Einladungsturnier im umstrittenen Königreich. 500 000 US-Dollar kassierte damals Finalist Daniil Medvedev, Sieger Taylor Fritz durfte sich sogar über eine Million Dollar freuen.
Die Wochen vor Weihnachten werden auf der Tour eigentlich als Off-Season bezeichnet – die Zeit, in der keine Turniere stattfinden und in der man sich erholen kann. Aber bei diesen finanziellen Aussichten konnten seinerzeit auch Stefanos Tsitsipas, Alexander Zverev oder Cameron Norrie nicht widerstehen. Auch der aktuellen Nummer eins der Welt, dem Spanier Carlos Alcaraz, kam jüngst kein kritisches Wort über die Lippen. Er gehe davon aus, dort bald aufzuschlagen, teilte er lapidar mit. Die Frage, wie die Weltelite zu Saudi-Arabien steht, dürfte damit beantwortet sein.
Im Golfsport spaltete sich zumindest für ein Jahr die Szene und etliche Stars verzichteten auf die mit viel Öl-Geld neu geschaffene Saudi-Tour, die nun mit der US- und Europa-Tour verschmelzen wird. Wie das im Detail aussieht, ist noch völlig unklar. Selbiges gilt für das Tennis-Interesse. Man sei nicht auf das Geld angewiesen, teilte die ATP, die nach dem Coronatief wieder bestens floriert, mit. Hinderlich dürfte es aber auch nicht sein. Als ziemlich wahrscheinlich gilt, dass die Next Gen Finals – die WM der besten U21-Spieler – im kommenden Jahr von seinem Gründungsort Mailand nach Dschidda umziehen. Dafür ist Nick Kyrgios schon zu alt. Aber das erste offizielle ATP-Turnier ist bestimmt schon am Firmament der saudischen Wüste zu erkennen. Hat beim Golf ja auch geklappt. Ebenso beim Basketball (Fiba World Tour), Boxen (WM-Kämpfe), Radsport (Saudi Tour), Fußball (italienischer und spanischer Supercup), Handball (Club-WM), Motorsport (Formel-1-Rennen), Snooker (Masters) und Gewichtheben (WM).
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