London – Ein vermeintlich lockerer Aufgalopp, dann aber früh ein mächtiger Brocken namens Carlos Alcaraz: Tennis-Olympiasieger Alexander Zverev hat beim am Montag beginnenden Rasen-Riesenturnier von Wimbledon eine tückische Auslosung erwischt. Der Weg ins Viertelfinale, das Zverev an der Church Road noch nie erreicht hat, führt über die Nummer eins der Welt – oder eben deren Besieger.
„Wenn ich dort bin, will ich trotzdem gewinnen. Ich fahre da nicht hin wie ein Kasper“, hatte Zverev zuletzt der Sport Bild gesagt. Ein Kasper als Gegner – oder besser: Casper, nämlich Ruud, gegen die deutsche Nummer eins im Halbfinale der French Open chancenlos war – droht dem gebürtigen Hamburger zwar erst im Finale. Doch bis dahin wird es eine lange Reise.
Für sein Auftaktmatch beim Rendezvous mit dem ungeliebten Untergrund („Ich bin zu groß für den Belag“), sagt Zverev – bescherte ihm die freitägliche Auslosung noch einen vermeintlich angenehmen Gegner: Der Niederländer Gijs Brouwer ist Nummer 153 der Welt, mühte sich durch die Qualifikation und steht erstmals in einem Grand-Slam-Hauptfeld.
Spätestens in Runde drei wird es für Zverev, der sich nach langer Verletzungskrise wieder auf ATP-Platz 21 vorgearbeitet hat, anspruchsvoll: Der Italiener Matteo Berrettini, Wimbledon-Finalist von 2021, könnte der Gegner sein. Oder Alex De Minaur, australische Nummer 15 der Setzliste und am Sonntag im Finale von Queen’s Alcaraz unterlegen.
Und gegen Letzteren, den erst 20 Jahre alten Branchenführer, der soeben seine „Lawn-Liebe“ entdeckt hat, könnte es dann in der Runde der letzten 16 gehen. Der einzige wohl noch dickere Fisch im 128-köpfigen Wimbledon-Schwarm tummelt sich auf der anderen Seite des Tableaus: Titelverteidiger Novak Djokovic (Serbien) eröffnet das Turnier am Montag gegen den Argentinier Pedro Cachin.
„Er ist der beste Tennisspieler aller Zeiten, einer der besten Sportler überhaupt“, sagte Zverev über „Nole“, der im Gegensatz zum Deutschen schon auf allen Belägen glänzte: Zverev hat in Wimbledon nur zweimal das Achtelfinale erreicht, zweimal schickte ihn dann ein Kanadier nach fünf Sätzen heimwärts – 2017 Milos Raonic, 2021 Felix Auger-Aliassime. 2022 fehlte Zverev, der an allen anderen Grand-Slam-Schauplätzen je mindestens einmal im Halbfinale stand, verletzt – Nachholbedarf besteht nun in vielerlei Hinsicht.
Und der Rest der deutschen Dreierspitze, die sich in den vergangenen Wochen herausgebildet hat? Jan-Lennard Struff musste am Donnerstag hüftverletzt absagen und verpasst die Chance, seine unschöne Grand-Slam-Bilanz (23 Erstrunden-Niederlagen und zwei Achtelfinals bei 36 Hauptfeld-Teilnahmen) aufzuhübschen. Auf Yannik Hanfmann wartet eine schwere Auftaktaufgabe, er muss gegen den Weltranglisten-Neunten Taylor Fritz (USA) ran.
Bei den Frauen trifft Tatjana Maria ein Jahr nach ihrem sensationellen Halbfinaleinzug auf die Rumänin Sorana Cirstea. Jule Niemeier, im Vorjahr im Viertelfinale an Maria gescheitert, erwischte ein schweres Los und trifft in Runde eins auf Tschechiens French-Open-Finalistin Karolina Muchova. sid