München – Ausnahmsweise mal ein Wettkampf in Deutschland: Skateboarderin Lilly Stoephasius (16) aus Berlin freut sich auf das Munich Mash. Die jüngste deutsche Olympiateilnehmerin hat mit unserer Zeitung über das Wochenende gesprochen und warum sie nach dem Abitur in die USA möchte.
Lilly Stoephasius, kürzlich hat die Australierin Arisa Trew als erste Frau offiziell eine 720-Grad-Drehung gestanden. Sie sind im selben Wettkampf knapp gescheitert. Enttäuscht?
Vielleicht ein bisschen. Aber alle haben gesehen, dass wir beide gleich nah dran waren, und auch, dass sie eben zwei, drei Versuche mehr bekommen hat. Sie hat ihn dann eben gestanden, das ist okay. Ich freue mich trotzdem, dass es eine Frau geschafft hat.
Was ist das nächste Ziel?
Viel verändert sich nicht. Der nächste Schritt ist, dass eine Frau einen 900 (zweieinhalbfache Drehung) springt. Das wird irgendwann passieren, aber nicht in den nächsten drei, vier Jahren, denke ich. Außerdem war sie nicht die Erste, schon davor hat es eine Japanerin geschafft. Das hat nur niemand mitbekommen, da es nicht im Wettkampf war. Wenn ich zu Hause eine Vert Ramp (große Halfpipe) hätte, auf der ich ihn üben könnte, glaube ich, hätte ich es auch geschafft. Es waren meine ersten Versuche, bei denen ich die Chance hatte.
Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Ergebnissen im Wettkampf dieses Jahr?
In der nachgeholten WM von 2020 in Dubai bin ich Zwölfte geworden, das war mein bestes Ergebnis bei einer Park-WM. Das hat viele Punkte gebracht für die Olympia-Qualifikation. In Argentinien bin ich Achte geworden, das war toll. Dass ich in Salt Lake City nicht ins Finale gekommen bin, war nicht so gut. Aber um enttäuscht zu sein, habe ich keine Zeit, jetzt ist das Mash.
2022 haben Sie hier gewonnen – was macht das Mash aus?
Es ist alles ein bisschen lockerer und spaßiger. Man hat mehr Zeit zu trainieren und weniger Stress. Und zur Abwechslung was in Deutschland zu haben, ist auch gut (lacht).
Nicht nur Wettkämpfe gibt es in Deutschland wenige. Schon oft haben Sie auf die schlechten Trainingsmöglichkeiten hingewiesen. Einen Park, wie er bei Olympia gefahren wird, gibt es nicht. Steht Ihr Plan noch, deswegen kommendes Jahr in der 11. Klasse ein Auslandsjahr in Kalifornien einzulegen?
Nächstes Jahr stehen so viele Contests an, dass ich gar keine Zeit hätte, ein Auslandsjahr in den USA zu verbringen. Bis zum Abi werde ich daher in Deutschland bleiben. In der zwölften Klasse nach Olympia gibt es dann sowieso wenig Wettkämpfe.
Praktisch, dass das auf Ihr Abi-Jahr fällt.
(lacht) Genau, danach plane ich, nach Amerika zu gehen und mich bis zu den Spielen in Los Angeles 2028 nur auf Skaten zu konzentrieren. Finanziell wird das natürlich schwierig. Meine Eltern arbeiten beide normal, wir sind keine Millionäre. Aber mal gucken, wie es aussieht mit Sponsoren und finanziellen Hilfen.
Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Kritik an den richtigen Stellen gehört wird?
Es werden schon mehr Parks gebaut oder besser gemacht. Aber es ist noch nicht das, was man braucht. Das dauert eben. Bis es Trainingsmöglichkeiten gibt, die ich wirklich ernst nehmen kann, ist es noch ein großer Schritt.
Sie sind immer noch sehr jung – haben aber schon einige Erfahrung gesammelt. Was hat sich verändert in den letzten Jahren?
Ich glaube vor allem, dass ich weiter in die Szene reingewachsen bin. Mit elf, zwölf ist man natürlich mit seinen Eltern unterwegs. So langsam werden aber alle, auch meine Mitstreiterinnen, älter. Wir reisen alleine, machen untereinander etwas, werden immer besser befreundet. Das ist cool.
Stört es, wenn immer Ihr Alter thematisiert wird, oder haben Sie sich daran schon gewöhnt?
Im Skateboard sind viele so jung oder jünger, das ist nichts Besonderes. Daran, dass es in den Medien so hervorgehoben wird, bin ich gewöhnt, das stört nicht.
Interview: Thomas Jensen