Berlin – Die Kabinensause von Deutschlands neuen Handball-Helden war längst in vollem Gange, da turnte David Späth noch immer breit grinsend durch die Schmeling-Halle in Berlin. TV-Interviews hier, Selfies und Autogramme da: Der Senkrechtstarter im deutschen Tor sog den Hype um ihn und seine U21-Mitspieler förmlich auf. Immer wieder tätschelte Späth beinahe zärtlich seine Goldmedaille und fuhr sich kopfschüttelnd über den blonden Schopf.
„Es ist die pure Gefühlsexplosion“, sagte Späth am Ende zweier rauschhafter WM-Wochen mit vollen Hallen, tollen TV-Quoten und acht Siegen in acht Spielen: „Wir sind Weltmeister. Wenn man es ausspricht, ist das noch nicht ganz real. Wir sind mega happy.“
Ein halbes Jahr vor der Männer-EM im eigenen Land schwappte eine Begeisterung durch die Arenen, die dem Handball ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Dem Verband, vor allem aber den Spielern um Torwart-Gigant Späth, dessen Leistung über die gesamte WM wahlweise als „sensationell“ (Heuberger), „unfassbar“ (Hanning) oder „phänomenal“ (Kromer) eingestuft wurde.
„Ich hoffe schon, dass wir ein bisschen Handballfeuer in Deutschland entfacht haben“, sagte Junioren-Bundestrainer Martin Heuberger, der schon bei den bisherigen WM-Titeln 2009 und 2011 als Trainer Regie geführt hatte. Beim goldenen Abschluss ihrer Heim-WM im Finale gegen Ungarn (30:23) knackte seine Mannschaft sogar die Millionenmarke (1,03 Mio im Schnitt) bei den Fernseh-Zuschauern.
Mit Blick auf die EM-Chancen von Spielern wie Späth, Kapitän Renars Uscins, Kreisläufer Justus Fischer oder dem zum wertvollsten WM-Spieler gewählten Nils Lichtlein hielt sich Heuberger bedeckt. „Da bin ich der falsche Ansprechpartner, das muss Alfred entscheiden“, sagte der 59-Jährige: „Fakt ist, dass Potenzial in der Mannschaft da ist.“
Deutlich forscher formulierte es Bob Hanning. Der Geschäftsführer der Füchse Berlin mit dem ausgewiesenen Händchen für Nachwuchsspieler regte einen Neustart im Männer-Team an. „Es muss die Aufgabe sein, den einen oder anderen Spieler jetzt schon zu integrieren“, sagte Hanning. Den Umbau der A-Mannschaft auf die Heim-WM 2027 zu verschieben, sei der falsche Ansatz: „Warum sollten wir weiter auf das Alte setzen? Wir müssen jetzt das neue Zeitalter einläuten.“
Bundestrainer Alfred Gislason freute sich jedenfalls diebisch über den perfekten Start in das vom DHB ausgerufene „Jahrzehnt des Handballs“. Nach dem „grandiosen“ WM-Auftritten (Heuberger) sprach er in Berlin von einer „super Mannschaftsleistung“ und war „sehr stolz“, ließ sich in Sachen Kaderplanung aber nicht in die Karten schauen. Fest steht: Die Nominierung für die nächsten A-Länderspiele im November dürfte spannend und richtungsweisend werden.
Späth ließ keinen Zweifel an seiner Motivation. „Ich werde weiter hart an mir arbeiten“, versprach der Keeper der Rhein-Neckar Löwen. Er möchte, so Späth, der mit seinen spektakulären Paraden und seiner Emotionalität stark an den jungen Andi Wolff erinnert, „irgendwann einmal der Beste sein. Ich bin noch lange nicht am Ziel.“ Wie er die Chancen sieht, dass U21-Spieler noch auf Gislasons EM-Zug aufspringen? „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch“, sagte Späth selbstbewusst: „Im Moment denkt aber keiner daran. Wir sind Weltmeister, der Rest kommt schon.“ sid