Windischgarsten – Zwei Dinge werden vom Löwen-Camp 2023 hängen bleiben. Die ungewöhnlichen Methoden des neuen Mentaltrainers – und das Lächeln von Tarsis Bonga, das auch Giovanni Iemmas härteste Liegestütz-Folter überdauerte. „Für mich ist das sehr, sehr wichtig“, sagt der baumlange Bonga: „Mein Lachen, mein Fröhlichsein, mein Frieden.“ Der tiefgläubige Stürmer hat sich diesen inneren Frieden bewahrt – obwohl seine letzten Karrierejahre alles andere als wunschgemäß verlaufen sind.
Aus der U 23 von Fortuna Düsseldorf ging’s früh in die 3. Liga, nach Chemnitz und Zwickau. Der Wechsel nach Bochum war ein vermeintlicher Karrieresprung, seine bisher längste Station – gekrönt vom Erstliga-Aufstieg. Torlos zog er zu Zweitligist Braunschweig weiter, wo er auch torlos blieb. Der Anruf der Löwen während seiner vorgezogenen Hochzeitsreise auf die griechische Insel Kos kam gerade recht. „1860 ist ein sehr großer Verein“, staunt Bonga, „größer, als ich erwartet habe. Man merkt das an den Fans, am Drumherum. Es gibt Vereine, da spielt man und geht irgendwann.“ Bei den Löwen, ahnt er, würde ihm das schwerer fallen.
Seine Überzeugung ist groß, diesmal beim richtigen Verein gelandet zu sein. Zwar sei ihm nach seiner Ankunft von Pressesprecher Kmeth aufs Brot geschmiert worden, dass er drei von drei Duellen mit 1860 verloren habe. „Das wurde mir vom guten Rainer sehr, sehr klargemacht“, berichtet er lächelnd. Sein Selbstvertrauen, das wird schnell deutlich, hat aber nicht gelitten. Das Sturmproblem der Löwen? „Natürlich“ könne er es lösen – ob mit Schnelligkeit über rechts oder direkt vorne drin. Auch an eine Zukunft in der Bundesliga glaubt er: „100 Prozent.“ Er hat diese Erfahrung schon gemacht – und das sei etwas, „wo ich auf jeden Fall wieder hin möchte“.
Dieser Ehrgeiz, sagt Bonga (26), liege in der Familie. Bruder Isaac (23) spielt Basketball beim FC Bayern – mit ihm habe er sich schon während der gemeinsamen Kindheit im Rheinland täglich gepusht: „Ich kann mich an einen Sommer erinnern, da haben wir Tischtennis gespielt. Ich hab gewonnen, danach war er zwei Wochen weg und hat trainiert. Dann kam er, hat gewonnen. Daraufhin war ich eine Woche weg . . .“
Diese Mentalität möchte er nun bei 1860 einbringen. Er sagt: „Ich habe alles erlebt, kenne die Schattenseiten, aber ich bin immer der Junge geblieben, der ich bin.“ Einer, der sich die Worte von Mentaltrainer Iemma zu Herzen nimmt: „Er sagt: Ein Löwe ist jemand, der fällt, wieder aufsteht und weiterläuft, und zwar ohne Angst. Ein Schaf verletzt sich und bleibt am Boden liegen.“ ULI KELLNER