Neuer Sportchef? Später vielleicht . . .

von Redaktion

1860-Coach Jacobacci über das Sommer-Camp, sein unfertiges Team und offene Positionen

VON ULI KELLNER

Windischgarsten – Wenigstens das letzte Timing passte. Weil die Löwen und der Linzer ASK die Halbzeitpause auf fünf Minuten verkürzt hatten, kamen beide Teams trocken in die Kabine. Kaum war der letzte Ball im Windischgarsten-Camp gespielt, ergoss sich ein gewaltiger Wolkenbruch über der DANA-Arena. Kein Problem für Maurizio Jacobacci, der sich weder vom Wetter noch von einem weiteren Torlos-Testspiel (0:2) und schon gar nicht von den Tücken des Transfermarkts aus der Ruhe bringen lässt. Der 1860-Coach machte einen Schritt nach hinten, unter das Dach des Kabinentunnels – und referierte seelenruhig weiter über seine Eindrücke nach den ersten zwölf Tagen der Sommervorbereitung. Jacobacci über . . .

. . . sein Fazit nach sechs Tagen Windischgarsten: „Die Mannschaft hat sehr gut mitgezogen. Ich bin sehr froh, dass wir keine zusätzlichen Verletzten haben. Es ist die zweite Woche der Vorbereitung, wir haben sehr viele Laufeinheiten gemacht. Die Müdigkeit ist normal, in den Beinen und im Kopf. Das muss man gut einordnen. Aber klar: Wir sehen, wo wir stehen – und was es noch braucht.“  . . . sein unfertiges Team: „Ich kann noch nicht die Startelf bestimmen, es fehlen noch so viele Spieler, die hoffentlich dazukommen. Ich bin da positiv gestimmt. Wenn diese Spieler dazukommen, wird das Team ein ganz anderes Gesicht zeigen. Es fehlt schon noch eine gewisse Qualität – ob das vorne ist oder hinten.“  . . . den Abgang von Christopher Lannert: „Ich will Spieler haben, die mit ihrer Rolle klarkommen. Ich erwarte auf den Außenverteidigerpositionen mehr. Mehr heißt: nach vorne mehr – und auch defensiv eine bessere Solidität. Das versuchen wir zu verbessern. Wir haben noch Zeit, wollen das Richtige machen.“  . . . die bisherigen sechs Neuzugänge: „Sie haben sich sehr gut eingeführt. Ein Trainingslager bietet auch die Möglichkeit, sich schnell zu integrieren, sich einander kennenzulernen – ich habe extra nicht zu viel mit den Spielern geredet. Ich erwarte eine Steigerung von allen, auch von den neuen Spielern, ob das jetzt Marlon Frey ist, Julian Guttau oder Tarsis (Bonga). Diese Spieler können noch viel mehr, als sie in der ersten Woche gezeigt haben.“

. . . Probleme beim Spielaufbau: „Wie wir hinten rausspielen, gefällt mir nicht. Wir haben es in der letzten Zeit nicht mehr trainiert, aber das muss und wird besser werden – von dem gehe ich aus. Es geht nicht, dass wir den Ball so schnell verlieren.“  . . . Gerüchte über ein Zweitliga-Angebot für Niklas Lang: „Ich weiß davon nichts. Ich weiß nur, dass er hier ist und einen Vertrag hat. Wenn es wirklich so wäre, dann würde ich es wissen. Ich glaube, daran ist absolut nichts.“

. . . sein Plan mit den jungen Spielern, die in Windischgarsten dabei waren: „Das kommt auf die Situation an, welche Spieler in der nächsten Zeit hinzukommen könnten. Ich hoffe, dass das relativ rasch der Fall sein wird, damit wir effektiv mit dem Kader arbeiten können, der in die Spielzeit reingehen sollte.“  . . . einen jugendlichen Gewinner: „Ich beobachte alle, die bei uns waren. Der (Tim) Kloss hat schon gezeigt, dass er gewisse Qualitäten auf der Position (Sechs) hat. Das sind alles Lerneffekte, aber wichtig war, dass sie mit ins Trainingslager gekommen sind und an der ersten Mannschaft schnuppern konnten.“

. . . mögliche Neuzugänge: „Die Hoffnung stirbt zuletzt. Von unserer Seite wissen wir schon, was wir machen wollen. Es gehört sich natürlich auch, dass am Schluss des Tages der Spieler den Schritt zu uns macht – und auch überzeugt ist, den richtigen Schritt gemacht zu haben. Das ist enorm wichtig. Darum braucht es diese Zeit, und die müssen wir uns einfach geben – mit dem Risiko, dass der Spieler auch nächste Woche nicht dabei ist. Wir hatten Spieler auf der Liste, mit denen wir klargekommen sind – und plötzlich mit dem Verein nicht einig geworden sind. Oder der Spieler hatte zu hohe Forderungen. Leihspieler aus der 2. Bundesliga sind auch eine Möglichkeit, aber wir wissen, was für Löhne die da haben. Das ist auch nicht einfach.“

. . . die muskulären Probleme von Neuzugang Eroll Zejnullahu: „Eroll konnte noch nicht mit der Mannschaft trainieren, von daher müssen wir da behutsam sein und ihn wieder bei 100 Prozent haben, wenn er ins Training einsteigt. Ein nächster Rückschlag wäre nicht gut. Die Physios wissen, was er hat, da müssen wir nicht nachschauen lassen. Das braucht einfach seine Zeit, wir wollen da kein Risiko eingehen.“

. . . den Genesungsprozess von Tim Rieder: „Er wird diese Woche vielleicht schon einen Test abstatten. Nach dem Test, glaube ich, dass er ins Mannschaftstraining einsteigen kann – mit Zweikämpfen und so weiter. Es wäre mein Wunsch, denn den Spielrhythmus, den er hat, den muss er sich wieder erarbeiten.“

. . . die Anführer im Team: „Es sind erst knapp zwei Wochen vorbei. Führungsspieler werden sich automatisch herauskristallisieren. Die Spieler, die hinzukommen, sollten in dieser Beziehung auch etwas geben, denn es sollten ja Qualitätsspieler sein.“

. . . Mentaltrainer Giovanni Iemma: „Er hat jetzt eine Woche mit uns gearbeitet. Ich denke, die Mannschaft hat ihn lieb gewonnen und gut gefunden, was er gemacht hat und wie. Er ist keiner, der 30 Minuten lang Theorie macht und redet, redet, redet. Wenn das Team findet, dass er ab und zu für zwei, drei Tage kommt, dann wird sich das automatisch einpendeln. Es ist nicht so, dass er permanent da sein sollte. Es ist etwas, das gefüttert wird und von Zeit zu Zeit in Erinnerung gerufen wird. Wenn er wieder vorbeikommt, gibt es wieder einen Push. Ziel ist, dass die Mannschaft sagt: Wann kommt er wieder?“  . . . die offene Sportcheffrage: „Im Moment funktioniert es gut, wie wir uns aufgestellt haben. Wir sind im täglichen Austausch – mit dem Scoutingchef (Jürgen Jung) und mit Marc Pfeifer (Finanzgeschäftsführer). Gemeinsam versuchen wir Lösungen zu finden. Wenn im Moment jemand jetzt kommen würde, wäre es schwierig. Er müsste sich einarbeiten und meine Ideen erst mal verstehen – wir sind so weit in den Planungen fortgeschritten, dass das jetzt wahrscheinlich keinen Sinn machen würde. In Zukunft, klar, hat der Club genügend Zeit, den richtigen Geschäftsführer Sport oder Sportdirektor zu 1860 München zu holen.“

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