Vier Tage, 18 Sportarten, 159 deutsche Meistertitel, 25 Stunden Live-Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen: Das Programm der „Finals“, die ab heute in der Rhein-Ruhr-Region stattfinden klingt vielversprechend – aber es wird den olympischen Sport bei den messbaren Zahlen am Ende wieder höchstens zum zweiten Sieger machen. Denn von Einschaltquoten wie der „König Fußball“ kann der sogenannte „Restsport“ nur träumen. Selbst in schlechten Zeiten wie den aktuellen – und sogar an richtig schlechten Tagen wie zuletzt beim 3:3 gegen die Ukraine – schalten knapp fünf Millionen Zuschauer zu den Partien der DFB-Elf ein. Ein miserabler Wert für den Lieblingssport der Deutschen, ein utopischer für alle anderen, die es in den kommenden Tagen wieder schwer haben werden, auf ARD und ZDF die Millionenmarke zu knacken. Und trotzdem ist das Format – genau wie der generelle Trend zur Bündelung von Wettkämpfen – genau der richtige Ansatz für mehr Aufmerksamkeit; es profitieren der Sport wie die Fans.
Der Blick sollte da an die Wettkampfstätten gehen. In den Landschaftspark von Duisburg, wo unter anderem BMX gefahren und geklettert wird; zum Kanu und Stand-Up-Paddling im Innenhafen; zu den Zielscheiben der Bogenschützen, die im Wasser am Medienhafen platziert sind; ans Düsseldorfer Rheinufer, wo die Stabhochsprung-Wettbewerbe stattfinden; und freilich auch in die Stadien und Hallen, wo die Deutschen Meister etwa im Turnen und Tischtennis gekürt werden. Die Bandbreite an Sportarten ist genauso vielschichtig wie die Möglichkeit der Partizipation. Vor Ort mischen sich diejenigen, die die Titelkämpfe ihrer Lieblingssportart sowieso verfolgt hätten, mit denjenigen, die durch Zufall dabei – und womöglich begeistert – sind.
Allein das ist in einer zur Faulheit neigenden Gesellschaft ein Gewinn. Genau wie die Vermittlung von Werten, die dem kommerzialisierten Fußball immer weniger gelingt. Wer die European Championships im Vorjahr in München verfolgt hat, weiß um die Magie, die Ereignisse wie diese entwickeln können. Da geht es um den berühmten Funken, der zwischen DFB-Elf und Publikum derzeit so gar nicht mehr überspringt. Und den die Oma von nebenan genauso spürt wie ihre Enkel oder der eingefleischte Super-Experte. Sport ist für alle da! Live, vor Ort, in Farbe. Emotionen sind vielleicht nicht so gut messbar, aber deutlich wichtiger als jede Quote.
Hanna.Raif@ovb.net