Das erste Tor fühlte sich nicht historisch an

von Redaktion

Friedhelm Timo Moritz Konietzka war bei der Premiere der neuen Liga eine Randerscheinung

VON GÜNTER KLEIN

Bis heute wird das gerne in Quizshows abgefragt: Wer schoss das erste Tor in der Geschichte der Fußball-Bundesliga? Und was war das Besondere daran? Auflösung: Es war Timo Konietzka, Stürmer von Borussia Dortmund, der im Spiel bei Werder Bremen in der 1. Minute die Führung des BVB erzielte. Eine Fernsehkamera war damals nicht im Stadion, obwohl man den Bundesliga-Auftakt des Meisters Dortmund sich schon als Hit in der Sportschau hätte vorstellen können. Auch die Fotografen hatten sich noch nicht ausgerichtet – der Treffer von Konietzka blieb also in Bildern undokumentiert.

Ein im Rückblick historisches Ereignis wurde damals aber nicht als solches be- und vermerkt. Der kicker vom 26. August 1963 hatte für Konietzka lediglich einen kurzen Eintrag in der Rubrik „Besondere Vorkommnisse…“ vorgesehen: „Der immer noch verletzte Konietzka – er ging mit bandagiertem Oberschenkel ins Spiel – schoß beide Dortmunder Tore.“ Im Spielbericht wurde seine Situation angeschnitten: „Hinzu kam, daß Konietzka seine Verletzung noch nicht überwunden hatte und schon zur Pause stark unter einer neuen Muskelzerrung litt, die ihn stark behinderte.“

Wenn man von Timo Konietzka in den 60er-Jahren spricht, ist das eigentlich nicht ganz korrekt. Den „Timo“ nahm er erst in den 80ern als Vornamen an, offiziell hieß er Friedhelm. Weil Konietzka raspelkurze Haare hatte, erkannten Mitspieler eine Ähnlichkeit mit dem sowjetischen General Timoschenko. Auf dem ersten kicker-Sonderheft zur Bundesliga war Friedhelm Konietzka einer von sechs abgebildeten Spielern, unter anderem neben Uwe Seeler – also ein Star der damaligen Zeit.

Er trug noch einen zweiten Spitznamen: Moritz. Mit Jürgen Schütz hatte er in der Oberliga ein kongeniales Sturmduo gebildet, nach Wilhelm Busch nannten die Medien sie „Max und Moritz“. Der kicker schrieb begeistert: „Das Harmonieren dieser beiden Stürmer grenzte oft ans Unwahrscheinliche, schuf die Namen Max und Moritz, zumal sie auch privat nicht allzu weit auseinanderliefen.“ Doch Schütz nahm ein Angebot aus Italien an: „Max ging, und Moritz blieb.“

Das erste kicker-Sonderheft beschränkte sich auf 32 Seiten – und die Kader der Vereine wurden ohne Statistik-Schnickschnack gelistet: „Konietzka, Friedhelm (24), Kraftfahrer; 3A;“ Und 3A war nicht seine Führerscheinklasse, sondern bedeutete: 3 A-Länderspiele hatte er gemacht. Konietzka bekam vom BVB einen Job bei der Dortmunder Union-Brauerei vermittelt, und für die Stadtwerke reinigte er Gaslampen.

Friedhelm Timo Moritz Konietzka erzielte 1965 noch einmal das erste Tor einer Saison, da war er gerade zum TSV 1860 gewechselt. Wieder geschah es in der 1. Minute (gegen Aufsteiger FC Bayern). 1966 war er einer der Meister-Löwen. Ein Jahr später wechselte er überraschend in die 2. Schweizer Liga.

Seine 72 Tore in den ersten 100 Bundesligaspielen sind noch immer die Bestmarke. Kurze Engagements als Trainer beim BVB (1984) und Uerdingen brachten Konietzka in die Bundesliga zurück. Und seine Geschichte: Der erste Torschütze. Das wurde auch in einem anderen Kontext erwähnt: Timo Konietzka engagierte sich in der Schweiz für Sterbehilfe, 2012 nahm er sie, unheilbar erkrankt, selbst in Anspruch.

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