Ein Herrscher für die Problemposition

von Redaktion

Neulöwe Kurt will rechts hinten Gas geben

München – Plötzlich weht ein Hauch internationaler Fußball beim TSV 1860, genau genommen über die Terrasse vor dem Medienstüberl. Verantwortlich dafür ist ein junger Mann, der auf einem der Loungesessel Platz nimmt: Kaan Kurt, schwarze Haare, akkurat getrimmter Bart, die Rechtsverteidiger-Nummer 2 auf dem Trainingsanzug. Für seine gerade mal 21 Jahre hat der Löwen-Neuzugang erstaunlich viel zu erzählen.

Chelsea und Arsenal kommen in Kurts Erzählungen vor, der Erfolgstrainer Marco Rose, die deutschen U-Nationalteams und der türkische Verband. Aber der Reihe nach. Die Löwen haben Kurt von Borussia Mönchengladbach losgeeist. Dort hat er unter Rose mit den Erstligaprofis trainiert, zuletzt aber für Gladbachs Zweite gespielt: 95 Einsätze in der Regionalliga West, zwei Tore, acht Assists. 1860 ist für ihn also Rückschritt und Aufstieg zugleich. Kurt sieht vor allem die Chance: „Für mich ist 1860 ganz klar der nächste Karriereschritt“, betont er: „Weil ich an mich glaube. Und weil ich weiß, was ich kann.“

Nämlich die Position rechts hinten so bekleiden, wie sich das modern denkende Trainer vorstellen. Seine Vorzüge beschreibt er so: „Tiefe Läufe, Flanken, offensiv sein. Ohne die defensiven Grundlagen zu vernachlässigen.“ Ein Gesamtpaket, das ihm schon früh viele Optionen eröffnete. Für den DFB durchlief er sämtliche Nachwuchsteams – von der U 15 bis zur U 20. Und auch die Premier League sei früh auf ihn aufmerksam geworden. „Arsenal war dran, Chelsea. Für mich war das ein Zeichen der Anerkennung, ein Wechsel kam damals aber nicht für mich infrage – und jetzt bin ich hier.“

Nicht nur er. Dass 1860 drei Tage nach Kurt einen weiteren Rechtsverteidiger verpflichtete, den Salzburger Kilian Ludewig (23) – kein Problem für Kurt: „Mir wurde gesagt, dass noch einer kommt. Ist auch richtig so. Konkurrenzkampf ist wichtig – ich freu’ mich darauf.“ Ludewig ist auch kein Unbekannter für ihn. Man kennt sich aus den Wintercamps des DFB, die Jahrgänge 2000 (Ludewig) und 21 (Kurt) seien damals zusammen gewesen.

Und wie war das damals mit den beiden Verbänden, die um ihn warben? Als Sohn türkischer Eltern, geboren in Moers, hat sich Kurt früh für den DFB entschieden. Festgelegt sei er aber noch nicht. Die Türkei sei „all die Jahre“ an ihm drangeblieben. „Nationalmannschaft bleibt ein Traum“, gibt er zu: „Beide Türen sind offen, mal schauen.“

Ach ja: Auch England bleibe ein fernes Ziel. Ilkay Gündogan, wie Kurt ein Ruhrpott-Junge mit türkischen Eltern, hat den Sprung auf die Insel auch erst spät gewagt. Ein Vorbild? „Wenn man ansieht, was er erreicht hat – klar. Ein explizites Vorbild habe ich aber nicht, wenn dann ein auf die Position bezogenes: Dani Alves.“ Brasiliens Rechtsverteidigerlegende.

An Selbstvertrauen mangelt es dem Neulöwen nicht. Passend zu seinem Vornamen: „Kaan ist türkisch und bedeutet so etwas wie Herrscher – hab ich mal in jungen Jahren gegoogelt.“ Wortspiele mit diesem Namen liegen auf der Hand. Fest steht: Kurt ist jung genug, um auf seiner Position eine Autorität zu werden, vielleicht sogar international. ULI KELLNER

Artikel 1 von 11